Im Frühjahr 2012 fällte das Amtsgericht Starnberg ein lange überfälliges Urteil:

 

http://media.repro-mayr.de/17/544017.pdf

 

Aufgrund der Anzeige diverser Miteinsteller wurde eine Pferdehalterin zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, da sie

 

  • ihren Pferden über Jahre hinweg keinen freien Auslauf gönnte.

 

Die Lektüre dieses Urteils, das damals zwar noch nicht rechtskräftig war und nochmals vor dem Landgericht München neu verhandelt wurde, ist auch für Pferdelaien aufschlußreich. Sich vorstellen zu müssen, daß ein Lauftier, das in freier Wildbahn täglich immense Strecken zurücklegt, über Jahre hinweg in Boxen von 3 x 4 m  gehalten und nur zum Gerittenwerden herausgeholt wird (und sich auch dann nur gemäß Vorgaben des Reiters bewegen darf), das macht traurig. Die Beschuldigte gab an, aus Angst vor Verletzungen der Tiere so gehandelt zu haben.

 

Wir halten unsere Pferde seit über zehn Jahren in einem sog. Offenstall. Sie sind nie in Boxen eingesperrt, können sich frei bewegen. Der Paddock, auf dem sie in den Wintermonaten über untergebracht sind, hat ca. 900 qm. Ja, und auch das ist für das Lauftier Pferd noch recht klein! Toll wäre eine eingehendere Erweiterung unseres Stalles in Richtung Paddock-Paradise, s. a. www.paddockparadise.com. Den Sommer über können sich unsere Pferde zumindest auf knapp 1 ha Weide austoben; je nach Grasaufwuchs sind sie auch 24 Stunden dort unterwegs.

 

Von Anfang an konnten wir keine größeren Verletzungen feststellen. Sicher: es kommt hin und wieder zu Reibereien. Jedes Pferd hatte einmal eine Schramme, auch einmal eine offene Wunde. Grundsätzlich jedoch überwiegen die Vorteile bei weitem: die Pferde können ihren natürlichen Trieben nachkommen, laufen, springen, rennen, wodurch der Körper trainiert wird. Sie können in natürlicher Freßhaltung Futter aufnehmen. Sie bekommen viel zu sehen (Traktoren, Autos, Spaziergänger mit Regenschirmen, etc.) und zu fühlen (Hitze, Kälte, Regen, Wind). So sind sie ausgeglichen, kaum schreckhaft und robust - was gerade zur Gesunderhaltung beiträgt: sie vertreten sich nicht durch plötzliches Erschrecken einen Fuß oder bekommen durch den kleinsten Lufthauch einen "Schnupfen"!

 

Dennoch gibt es durchaus Pferde, für die diese Haltungsform leider nicht in Frage kommt. Das liegt aber in 99,9 % der Fälle nicht am Pferd selbst. Die Krux heutiger Pferdehaltung besteht darin, daß der Pferdebesitzer sein Pferd aus diesen und jenen Gründen eben gerne in Stall XY einstellen möchte - das Pferd sich mit der dortigen Herdenstruktur, die leider, leider sehr oft stark fluktuierend ist, aber auseinandersetzen muß. Oft sind die den Pferden zur Verfügung stehenden Flächen auch einfach zu klein bemessen, so daß es zu Rangstreitigkeiten kommt, wenn ein Tier nicht ausweichen kann. Ist ein Pferd zudem dann nicht von klein auf durch normales Sozialverhalten geprägt, kommt es durchaus vor, daß ein Offenstall nicht für ein Pferd taugt. Das aber liegt im bisherigen Handling des Menschen oder dessen mangelhafter Gestaltung des Stalles begründet. Und natürlich hat es auch damit zu tun, daß artgerechte Pferdehaltung eben teuer ist, so mancher Pensionsstallbetreiber aufgrund des oft engen Geldbeutels der Pferdebesitzer aber so scharf kalkulieren muß, daß vieles auf der Strecke bleibt.

 

Für uns steht jedoch fest: eine andere Haltungsform kommt für unsere Pferde nicht mehr in Frage. :-)

 

Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil zumindest in Teilen Bestand haben und die Pferdewelt nachhaltig aufrütteln wird. Es sollte viel mehr darauf bestanden werden, daß Tieren, die in unserer Umgebung nicht mehr freilebend anzutreffen sind, eine so weitgehend wie möglich artgerechte Haltung grundlegend zusteht.