Weitblick
Weitblick
Paula und Fine
Paula und Fine

01.06.2022

 

Während Sarah auf Amor am Abend eine Stunde ins Gelände geht, mäht Gerret mal wieder den Rasen im Gärtchen. Ich gehe derweil die Weiden Nr. 1-3 ab, um den dortigen Bewuchs an Berufkraut zu kontrollieren. Einige Pflanzen finde ich noch und reiße sie aus, aber viel ist es zum Glück nicht. 

 

Unsere Schwalben haben zwischenzeitlich auch Nachwuchs: vier kleine Schwälbchen fordern lautstark ihr Futter ein. Seither zwitschert auch ständig ein Rotschwänzchen aufgeregt rund um den Stall herum. Im letzten Jahr hat es ebenfalls im Stall gebrütet, aber bislang ist das Nest leer. Heute kann ich endlich beobachten, was es denn trotzdem die ganze Zeit mit Würmern im Schnabel im Stall sucht: es füttert die Schwalbenbabys! 

Am Abend
Am Abend

02.06.2022

 

Heute kommt der ausgetauschte Sattelpacktaschen-Adapter mit der Post. In der Mittagspause fahre ich gleich zum Stall und passe ihn an meinen Sattel an. Ich muß mit dem Cutter-Messer noch etwas Finetunen und zwei Löcher mit der Lochzange setzen, damit er hinter der Galerie festgeschraubt werden kann, dann paßt es. 

 

Am Abend steht dann der Testritt an: Willi kommt mir auf der Weide entgegen galoppiert und kommt direkt vor mir zum, Stehen. ❤️ Als er allerdings merkt, daß ich ihm fast das ganze Wanderritt-Ornat anlege, bekommt er bestimmt Bedenken, wo er denn so spät am Abend wohl noch hinlaufen muß...? ;-) 

 

Aber wir gehen nur eine starke Stunde ins Gelände. Schritt, Trab, Galopp: die Sattelpacktaschen halten. Nur die Riemen des Packsacks, der quer hinter dem Sattel festgeschnallt ist, geben etwas nach. Die muß ich einfach besser festzurren und dann noch verknoten. Jetzt kann ich jedenfalls die Sattelpacktaschen einfach mittels der Metall-Schnalle an den Adapter anclicken und wieder abnehmen - kein Gefummel mit irgendwelchen Riemen mehr! :-) 

 

Wer sich für das System interessiert schaut bei www.inland-saddlery.com. Daniel Suchefort steht dort mit Rat und Tat zur Seite. Selbst, als der erste Adapter leider nicht gepaßt hat, hat er sofort reagiert und mir den anderen zugeschickt. Außerdem standen wir über Whatsapp in Verbindung, worüber er mir auch ettliche Videos für "meinen" Sattelpacktaschen-Adapter geschickt hat. Toller Service! 

03.06.2022

 

Am Abend treffen wir uns mit Birgit nochmals am Stall, um letzte Details für den Wanderritt zu besprechen. Alles ist soweit organisiert. Es wird langsam ernst. ;-) Amor und Willi chillen noch immer den ganzen Tag auf der Weide. 

Die Kräuterkiste: mal wieder abgemäht
Die Kräuterkiste: mal wieder abgemäht

04.06.2022

 

Nachdem die Kräuter in der Kräuterkiste in den letzten Wochen weitgehend verschmäht wurden, sind sie heute mal wieder abgemäht. ;-) 

 

Die Jungs haben bei heute tatsächlich schon schwülen 27° nochmals Pause, dürfen heute auch über Nacht auf der Weide bleiben. Ich bin mit den letzten Vorbereitungen für den Wanderritt beschäftigt.

 

Die Sattelpacktaschen links und rechts hinter dem Sattel sind mit jeweils ca. 3,5 kg bepackt: 

 

  • Erste Hilfe-Set (Pflaster, Tapes, Pinzette, Aspirin, Schmerztabletten, etc.) mit frisch angesetzter Rivanol-Lösung in einer kleinen Sprühflasche
  • Willis Putzzeug im Kleinformat
  • Willis Kraftfutter in fünf Portionen
  • Eine kleine Box mit Ersatzteilen wie Lederriemen, Cuttermesser, Nähzeug, Spanngurte, etc. 
  • Mein Ortlieb-Falteimer
  • Eine Box mit zwei Powerbanks und Ladekabeln
  • Eine leichte Fliegenmütze für Willi für nachts auf der Weide

Dazu kommt meine Kleidung und mein Waschzeug in einem wasserdichten Ortlieb-Packsack quer hinter dem Sattel mit ca. 4 kg:

  • T-Shirts
  • Unterwäsche und Socken zum Wechseln
  • eine lange Trekkinghose für abends
  • ein langes Funktions-T-Shirt und ein Funktions-Sweatshirt für abends
  • eine Regenjacke (40.000 mm Wassersäule - wir können schwimmen! ;-) )
  • ein großes Handtuch
  • Kulturbeutel mit Zahnpasta, Duschgel, Shampoo, etc. im Kleinformat

In die Vorderpacktaschen kommt: 

  • Meine 1l-Trinkflasche
  • Meine Proviant-Box
  • Werkzeug-Tool (zum Hämmern, Schrauben, Ziehen, etc.)
  • Feuerzeug
  • Mülltüte (notfalls für pferdische Hinterlassenschaften im Dorf)
  • mein Flachmann (frisch befüllt mit Marillenschnaps!)

Bei mir werde ich dann in einer wasserdichten kleinen Umhängetasche um den Hals noch das Bargeld, meinen Personalausweis, meine Krankenkassenkarte und meine Bankkarte tragen und in einer Bauchtasche ein paar Leckerli und Tempos. Das Handy hängt zum Navigieren ebenfalls an einer Handyhalterung um den Hals, steckt aber meistens in der Brusttasche meiner Reitweste. 

 

Da das Wetter anfangs noch etwas sehr durchwachsen angekündigt ist, wird über den Vorderpacktaschen auch mein absolut wasserdichter Bundeswehr-Poncho verzurrt werden, damit er jederzeit griffbereit ist. 

 

Willi wird neben dem Sattel seinen Wanderreitzaum tragen (darunter ein Reit-Fliegenmützchen mit Fransen) und um den Hals einen langen Führ-/Anbindestrick. 

 

So. Es kann dann mal losgehen! :-) 

Los gehts!
Los gehts!
Praktisch zum Aufsteigen mit Gepäck
Praktisch zum Aufsteigen mit Gepäck

05.06.2022

 

Wanderritt, 1. Tag: Langensteinbach - Pfaffenrot, 22,9 km, reine Reitzeit 4,75 Stunden, 276 Höhenmeter. 

 

Am Morgen fallen Gerret und ich um 06.00 Uhr aus dem Bett. Es geht zu den Pferden, füttern, misten. Wir packen Willi ins Pferdetaxi und chauffieren ihn zum Startpunkt unseres Wanderritts, zu Birgit nach Langensteinbach, Im Steinig. Dort wird gemütlich gesattelt und das Pferd bepackt. Um 09.20 Uhr sind Birgit und Artali und ich und Willi startklar, es kann losgehen. Unsere Männer verabschieden uns und wünschen uns eine gute Reise. Das Wetter hält bislang, obwohl Regen angesagt ist. 

 

Es geht zwischen Langensteinbach und Mutschelbach um Auerbach herum vorbei an Spielberg nach Pfaffenrot. Willi groovt sich schnell ein und läuft munter vorwärts. Der Beschlag hält prima, er zuckelt über jegliches Geläuf ohne Probleme, sucht aber aus Gewohnheit gerne noch den grasigen Wegrand. Auf Höhe Spielberg machen wir Rast, lassen die Jungs zunächst 20 Minuten grasen, ehe wir sie an einem Rast- und Spielplatz am Waldrand anbinden und selbst unser Vesper auspacken. 

Trampelpfade durch den Wald
Trampelpfade durch den Wald

Als wir wieder aufbrechen, führen wir die Pferde zunächst eine längere Strecke, weil gleich ohnehin eine Bahnstrecke zu überqueren ist. Erst im nächsten Waldgebiet steigen wir wieder auf und durchreiten ein schönes Tal, bevor es wieder in das letzte Waldstück für heute geht. Über tolle Trampelpfade und Wiesenwege im Wald sind wir schon fast in Pfaffenrot angekommen, da fängt es an zu tröpfeln... 

 

Wir ziehen vorsichtshalber die Regenponchos an - keine Minute zu spät. Es fängt an zu regnen, der Regen wird immer heftiger. Als wir an den Waldrand kommen, bietet sich uns eine nicht gerade prickelnde Aussicht: der Regen kommt nicht mehr von oben, sondern vielmehr von der Seite, und zwar in rauen Mengen! Wir beschließen, diesen Starkregen im Wald abzuwarten, wo wir einigermaßen zumindest vor dem Wind geschützt sind. Als Willi merkt, daß jetzt eine kurze Pause im Sattel angesagt ist, parkt er ohne Probleme ein, entspannt, klappt fast die Ohren zur Seite und: wartet. Mit einem entlasteten Hinterbein steht er unter mir wie der Fels in der Brandung, während der Regen auf uns niederprasselt. Auch Artali steht artig daneben. 

 

Nach fünf - langen - Minuten ist es vorbei, der Regen läßt nach. Als wir aus dem Wald herausreiten, kommt uns auf dem in Richtung Pfaffenrot führenden Feldweg ein richtiger Sturzbach entgegen. Kurz vor der nächsten Kreisstraße steigen wir ab und lockern die Sattelgurte, nachdem es jetzt ohnehin nicht mehr weit bis zu unserer ersten Station, dem Stall von Sabine in Pfaffenrot, ist. Dort kommen wir um kurz nach 15.00 Uhr an. :-) 

Willi und Artali beziehen zwei schöne große Boxen und futtern gleich das dort bereitliegende Heu. Wir satteln ab und kontrollieren unser Sattelzeug und die Packtaschen. Mein Bundeswehr-Poncho paßt zwar über meine absolut regenfeste Quertasche hinter dem Sattel, deckt jedoch die beiden seitlichen Sattelpacktaschen, die nicht ganz so wasserdicht sind, nicht 100 %-ig ab. Der - ohnehin in extra Tüten verpackte - Inhalt ist leicht klamm, was aber nicht tragisch ist. 

 

Ich kontrolliere Willis Sattellage, die komplett unempfindlich ist und bürste ihn ab. 

 

Auch Gerret ist bereits mit dem Dachzelt angekommen, in dem er und ich heute Nacht schlafen, während Birgit im Stall schlafen wird. Wir dürfen das Dachzelt wie im letzten Jahr wieder auf der Weide hinter dem Stall neben einem Baum aufbauen, wo wir einen schönen Ausblick auf die Landschaft haben. Abends grillen wir und lassen den Tag mit einer Flasche Wein ausklingen. 

Sonnenaufgang vom Dachzelt aus
Sonnenaufgang vom Dachzelt aus

06.06.2022

 

Wanderritt, 2. Tag: Pfaffenrot - Loffenau, 19,3 km, reine Reitzeit 4,25 Stunden, 629 Höhenmeter. 

 

Die Nacht im Dachzelt war urig, ich habe vor allem Dank meinem ärmeligen Schlafsack ganz gut geschlafen, nur meine Isomatte ist futsch. Es hat noch zweimal geregnet. Wir versorgen die Pferde und putzen sie gleich, bevor wir uns selbst zum Frühstück hinsetzen. Sabine gibt uns für die ersten 1-2 km Tipps zum Weg. So kommen wir praktisch gleich vom Stall weg auf einem schönen Waldweg rund um Schielberg herum in Richtung Frauenalb. Allerdings gilt es heute gleich recht früh die erste Schwierigkeit zu meisten: auf der Karte war der Maisenbach zwar eingezeichnet, jedoch nicht die dort befindliche Metallbrücke. Da mir diese für Willi etwas zu instabil aussieht, überlegen wir, gemeinsam durch den Maisenbach zu reiten. Der Schwarze ist gleich einverstanden, säuft und plantscht vergnügt im Wasser herum. Da das Wasser allerdings zumindest für Artali relativ tief ist, entscheidet sich Birgit für die Brücke, während ich mit Willi auf der anderen Seite wieder aus dem Maisenbach heraushüpfe. Willi ist zwar kurz irritiert, weil Artali einen anderen Weg nimmt und will schon fast zurück über den Bach, läßt sich dann aber ruhig durch ein Brennesselfeld zum Weg lotsen. 

Pause bei Bernbach
Pause bei Bernbach

Da wir kurz vor Frauenalb die Albtalstraße, eine eigentlich vielbefahrene Landstraße queren müssen, steigen wir schon frühzeitig ab und führen die Pferde. An der Landstraße angekommen steht dort allerdings schon wie bestellt ein Polizeiauto, das die Straße komplett gesperrt hat. Natürlich nicht für uns, wie ich den zwei Polizisten noch scherzhaft zurufe, sondern wegen eines Unfalls. 

 

Wir bummeln nach Frauenalb hinunter, da muß Willi äppeln. Soifzt, ausgerechnet im Dorf vor einem Haus. Die Besitzerin kommt aus dem Garten und ist allerdings ganz entspannt: sie bringt einen Eimer und eine Schaufel, so daß Willis Mist auf ihre Tomatenbeete kommt, die Pferde erhalten dafür jeder einen Apfel von ihrer hinzugerufenen Enkelin. Wie nett! :-) 

 

Direkt neben dem Kloster steigen wir wieder auf. Dann steht die erste heftige Steigung unseres Wanderritts an, das Bernbacher Steigle. Auf diesen knapp 800 m nehmen wir satte 150 Höhenmeter unter die Hufe, was einer Steigung von immerhin mehr als 18 % entspricht. Willi stapft zwar anfangs noch munter los, kommt dann aber wirklich ins Schnaufen. Unterwegs muß er mehrere Male anhalten, um sich zu sammeln. Ich  steige die letzten 200 m auch ab und führe. Oben angekommen, bekommen die Jungs viel Lob und eine Pause zum Grasen. Ihre Atmung beruhigt sich allerdings relativ schnell wieder. Unser bisheriges Wanderritt-Training zahlt sich aus: die Pferde sind wirklich fit! 

 

Wir führen sie allerdings noch ein weiteres Stück, weil wir einen alten steilen Rückepfad hinab müssen. Der Schwarze ist gleich wieder Feuer und Flamme: Äste und unwegsames Gelände, toll!!! Ich bin da etwas weniger entspannt und muß ihn mehrmals bitten, bittschön hinter mir zu bleiben und mein Tempo zu gehen. ;-) Unterwegs werden wir auch noch von einer großen Pferdebremse attackiert. Ich erschlage sie schnell - die 7. (!) an diesem Tag. Gerade, als wir schon fast unten sind und ich "Yippieh!" rufe, übersehe ich dann doch den letzten Ast und mache einen Kniefall... Aber: alles gut.

Erste Ausblicke
Erste Ausblicke

Kurz vor Bernbach machen wir dann unsere heutige Mittagsrast. Die Pferde dürfen grasen, wir vespern und haben nebenher nette Gespräche mit Spaziergängern. Dann wird es wieder ernst: wir steigen auf, um den Bernstein zu umrunden, den nächsten Berg. Auf herrlichen Trampelpfaden passieren wir die Hohe Wanne und den Heukopf, bevor es an den Abstieg nach Loffenau geht. 

 

Unseren ursprünglich geplanten Abstieg können wir allerdings nicht nehmen, weil direkt in einer steilen Spitzkehre ein Baum steht, durch den ich Willi nicht gewendet bekomme. Also müssen wir einen Umweg gehen und so ein Stück weit durch Loffenau wandern. Wir steigen daher frühzeitig ab, lockern die Sattelgurte und führen die Pferde bis zu unserer heutigen Station, der Wanderreitstation von Sieglinde Hüttig, mitten in Loffenau gelegen. 

Trotzdem die Wolken hin und wieder ziemlich dunkel wurden, haben wir heute Glück und kommen trocken an. Die Pferde beziehen ein großes Weidezelt, das in der Mitte geteilt ist, so daß jeder in Ruhe Heu fressen kann. Wir satteln ab, kontrollieren alles und füttern frühzeitig, bevor wir uns selbst in Richtung des Gasthauses Sonne aufmachen, wo Birgit und ich heute übernachten. Nach dem Duschen und einer kurzen Verschnaufspause machen wir uns nochmals auf zu den Pferden, um Gute Nacht zu sagen, bevor wir uns selbst zu einem zünftigen Abendessen niederlassen. 

Ausblick über Loffenau
Ausblick über Loffenau

07.06.2022

 

Wanderritt, 3. Tag: Loffenau - Christophshof, 23 km, reine Reitzeit 5 Stunden, 739 Höhenmeter.

 

Heute steht uns die anstrengenste Etappe mit der längsten Strecke und den meisten Höhenmetern bevor. Noch vor 09.30 Uhr sitzen wir im Sattel und reiten ein Stück durch Loffenau, wo es auch schon die ersten Steigungen bergauf geht. Der Schwarze ist munter. Er zieht schon am ersten Berg richtig an und geht vorwärts. Kaum im Wald angekommen, müssen wir allerdings schon wieder absteigen: vor uns liegt der Igelbach. Den quert zwar ein kleines Brückchen aus Holzbohlen, das Geländer ist mir für Willi nebst Gepäck allerdings zu schmal. Da neben dem Igelbach aber ein Baum schräg hängt, bleibt mir nichts anderes übrig als abzusteigen und Willi durch den niedrigen Bachlauf zu führen. Unsere Packrolle kratzt am Baum, paßt aber gerade noch so durch. Birgit und Artali folgen. 

An der Langmartskopfhütte, 915 m
An der Langmartskopfhütte, 915 m

Wir bleiben auch gleich am Boden, denn jetzt wirds haarig: es folgt ein längerer Aufstieg von knapp 600 Höhenmetern, der unterhalb der Teufelsmühle am Vogelhartskopf und dem Langmartskopf vorbei zur Langsmartskopfhütte führt. Ich bin mit meinem Leki-Wanderstock ausgerüstet und stapfe zunächst hoffnungsvoll vor dem Schwarzen her. Dem bin ich allerdings zu langsam, immer wieder will Willi mich überholen. Da wir so in keinen gemeinsamen Rhythmus finden können, lasse ich ihn irgendwann vor mir herlaufen - zunächst noch am Strick, dann aber frei. Willi frißt sich so gemütlich den Berg hinauf, während ich hochrot hinterher hechle. Er hört auch immer sehr artig auf meine Kommandos, bleibt stehen oder geht weiter, wenn ich ihm das von hinten her ansage. Irgendwann wird es dann so steil, daß auch Birgit und Artali etwas langsamer voran kommen. Ich stöckle mit der einen Hand bergauf, mit der anderen halte ich mich an Willis Schweif fest, dem das nichts ausmacht. Soooo ein braves Ross!

 

Hin und wieder halten wir kurz zum Verschnaufen an. Als das steilste Stück geschafft ist und die Pferde offenbar noch nicht einmal tiefer Luft holen mußten (im Gegensatz zu mir...), steigen wir auf und lassen uns die restliche Strecke bis zur Langmartskopfhütte tragen. Dort gibts für alle eine halbstündige Rast. Die Pferde dürfen grasen, wir vespern. 

Auf dem Weg zur Grünhütte
Auf dem Weg zur Grünhütte

Kurz nach der Langmartskopfhütte passieren wir dann auch den höchsten Punkt unserer ganzen Tour: 932 m!

 

Es geht weiter mit tollen Aussichten über den Schwarzwald zu einem der Höhepunkte unserer Tour: die Pause an der Grünhütte. Sind wir dort bislang immer nur zu Fuß hingewandert, war es schon immer mal mein Traum, dort mit dem Pferd einzukehren. Heute ist es soweit. Nachdem wir noch den Aussichtspunkt Dobler Blick genossen haben, kommen wir nach starken 15 km Wegstrecke an der Grünhütte, einem Ausflugslokal auf dem Kaltenbronn, an. Dort sind wir mit Gerret verabredet. Da der noch auf sich warten läßt, zumal er ja per pedes kommt, lassen wir die Pferde ausgiebig grasen. Nach einer halben Stunde suchen wir uns dann zwei Bäume, an denen unsere beiden Buben ausruhen können. Ich mache mich derweil mit meinem großen Falteimer auf und frage, ob wir etwas Wasser für die Pferde haben können. Der Wirt bietet mir auch gleich Eimer an, aber da der Schwarze den Falteimer nun schon seit Karlsruhe mit sich herum schleppt, paßt das. Allzu viel Durst haben die beiden Pferde allerdings nicht. 

Mit einem Schnaps auf uns!
Mit einem Schnaps auf uns!
Wieder Duuuuurst!
Wieder Duuuuurst!

Auch Gerret ist zwischenzeitich angekommen. So können auch wir zum gemütlichen Teil übergehen, versorgen uns mit Fleischküchle mit Kartoffelsalat, einem riesig großen Heidelbeer-Pfannkuchen, Saft, Kaffee und Kuchen. 

 

Nach einer Stunde stoßen wir noch mit einem Schnaps aus unseren Flachmännern auf unsere tollen Pferde und uns an und machen uns an den Abstieg ins Enztal nach Christophshof. Unterwegs können die Buben nochmals an einem Brunnen saufen, dann kommen wir bei den Islandpferden vom Enztal an. 

 

Der Hof mit weitläufigen Koppeln liegt direkt an der Landstraße zwischen Bad Wildbad und Enzklösterle. Wir werden sehr nett von Alexandra empfangen, satteln die Pferde ab und warten, bis insbesondere mit Rücksicht auf meinen Reitelefanten, für den die dortigen Boxen viel zu klein wären, für uns eine Koppel freigemacht wird. Wir dürfen Willi und Artali über Nacht auf einer zwar schon etwas abgefressenen, aber noch für zwei Rösser mit ausreichend Gras bestückten Koppel von gut und gerne 2 ha (!) unterbringen. Es gibt dort einen eigenen kleinen Bach, den wir den beiden am Anfang zeigen, damit sie wissen, wo sie Wasser finden. Dann gehts ab: freudig springen die beiden im vollen Galopp über die Weide, wälzen sich begeistert und spurten dann wieder los. So wissen wir: alles richtig gemacht! Wir haben die heutige Tour und die Belastungen bestens eingeteilt, wenn die Pferde am Abend noch so munter und begeistert über die Weide flitzen. :-) 

 

Hat uns das Wetter auch heute wieder sehr nachsichtig behandelt, fängt es dann allerdings plötzlich an zu tröpfeln. Wir verlassen schnellstens die Weide, denn plötzlich ist Weltuntergangsstimmung: es kübelt ohne Ende! Gut, da brauche ich mir wenigstens keine Gedanken mehr darum machen, ob ich das Schwarztier noch abduschen soll... 

 

Zwischenzeitlich ist auch Gerret mit dem Dachzelt gekommen. Das dürfen wir, als der Regen sich wieder verzogen hat, mit Blick auf die Weide von Willi und Artali aufbauen und machen uns dann, nachdem ich mich in einer pik-feinen, gaaanz tollen Dusche aufgewärmt habe, noch einen schönen Abend, grillen und trinken eine Flasche Sekt. Recht früh fallen Gerret und ich allerdings ins Dachzelt, während Birgit im Reiterstübchen nächtigt. Aufgrund meiner quasi nicht vorhandenen Polsterung durch die kaputte Isomatte fällt meine Nacht nicht mehr ganz so kuschelig aus, und es ist auch ziemlich frisch. Zumindest regnet es nicht mehr. 

Die Jungs am Morgen auf ihrer Weide
Die Jungs am Morgen auf ihrer Weide

08.06.2022

 

Wanderritt, 4. Tag: Christophshof - Besenfeld, 21,4 km, reine Reitzeit 4,5 Stunden, 716 Höhenmeter. 

 

Am Morgen holen wir zwei Pferkel von der Weide... Da der Boden auch in der Nacht noch relativ feucht war, bleibt trotz intensiven Putzens noch etwas Schmodder im Fell. Um 09.45 Uhr sitzen wir wieder im Sattel und treten erneut einigen Höhenmetern entgegen. 

 

Zunächst geht es kurz das Enztal an einem langgezogenen Holzlagerplatz entlang, an dem die vielen Baumstämme mit Spritzen automatisch bewässert werden. Der Schwarze ist darüber etwas erstaunt und schaut immer wieder mißtrauisch zu diesem Gezische. Einmal müssen wir kurz antraben, damit wir nicht selbst gewässert werden. ;-) 

 

Heute stehen keine steilen Steigungen an, jedoch sehr langgezogene. Auf gut 8 km geht es zunächst 350 Höhenmeter hinauf. Willi hat hierbei zwischenzeitlich Routine entwickelt: er stapft in seinem Tempo durchaus zügig und mit regelmäßig mehr als 5 km/h (!) den Berg hinauf. Krass! Zwischen Aichelberg und Enzklösterle kommen wir am Kälberkopf, der Hohen Warte, dem Schöllkopf und dem Großen Hummelberg vorbei und steuern Gompelscheuer an. Immer wieder stehen wunderschöne Trampelpfade auf dem Programm.

 

Kopflüften pur - ein freier Kopf - wunderschöne Eindrücke der Natur - positiv - frei. 

Pause in Poppeltal
Pause in Poppeltal

Schon recht früh kommen wir an unserem heutigen Rastplatz an, dem Parkplatz neben der Riesenrutschbahn in Poppeltal. Hätten wir keine Verpflegung dabei, hätten wir uns auch am dortigen Kiosk verköstigen können. Die Pferde dürfen ausgiebig eine halbe Stunde grasen, während wir unser mitgebrachtes Vesper verzehren. Am nahegelegenen Brunnen gibts dann noch frisches Wasser, bevor wir wieder aufsteigen und uns an den letzten Anstieg für heute machen. 

 

Aber: *schluck* Was auf der Karte nicht ganz so genau ersichtlich war, verursacht mir etwas nervöses Bauchflattern. Der Wanderweg führt nicht am Gelände der Riesenrutschbahn vorbei - sondern mitten hindurch! Wir müssen das Gelände der Riesenrutschbahn zwischen Karussell, Autoscooter und Riesenrutschbahn auf der einen Seite und weiterem Kiosk und Gastronomiebereich auf der anderen Seite durchqueren. Da sitze ja sogar ich mal ab. 

 

Willi schaut etwas erstaunt, läuft aber artig hinter mir her. Als wir direkt am Eingang zur Riesenrutschbahn vorbei kommen, hoffe ich inständig, daß nicht ausgerechnet jetzt ein Rodler in das Bahnende rauscht. Aber: alles geht gut. Wir sortieren uns und steigen wieder auf. 

 

Nach einem etwas steileren Anstieg bekomme ich aber schon wieder Herzklappenrauschen: ich wußte zwar, daß wir über eine Brücke über die Riesenrutschbahn hinweg kommen, aber nicht, daß wir den Schlepplift direkt überqueren müssen! Das bedeutet: die Pferde müssen über die ca. 40 cm breite Schleppschneise aus Metall laufen, während über uns am Seilzug die Bügel hängen und wir aufpassen müssen, daß nicht auch noch gerade jetzt jemand in seinem Rodler hinaufgeschleppt wird! Birgit ist da bei weitem nicht so voreingenommen wie ich und reitet mit Artali einfach schon einmal über den Schlepplift. Also folge ich mit Willi umgehend, damit wir keinen allzu großen Abstand zwischen uns bekommen. Vor der direkt dahinter liegenden Brücke stoppt Artali dann allerdings plötzlich, so daß ich ihn mit Willis breiter Brust einfach voranschiebe - und "schwupp" sind wir aus der Gefahrenzone heraus. Zum Glück kommt gerade kein Rodler von oben angeschossen. 

Am Brunnen in Besenfeld
Am Brunnen in Besenfeld

Vorbei an einem einsamen Toilettenhäuschen im Wald gehts durch den Wald auf Besenfeld zu. Dort sehen wir schon von weitem unsere heutige Unterkunft, den Landgasthof Pferdekoppel. Am Waldrand steigen wir ab, lockern wieder einmal die Sattelgurte und führen die Pferde die restlichen 2 km zum Stall. Unterwegs kommen wir nochmals an einem Brunnen vorbei, und Willi läßt es sich natürlich wieder nicht nehmen und muß erst einmal saufen. 

 

Bei der Pferdekoppel angekommen bezieht jedes Pferd eine Box. Der Hunger ist groß,  gab es doch in der letzten Nacht kein Heu, sondern Gras und vermutlich deutlich mehr Bewegung als gedacht. 

 

Damit die letzten Schmodderreste aus dem Fell gewaschen werden, dusche ich Willi kurz ab und bewundere dabei seine jetzt wirklich sportliche Figur. ;-) 

 

Dann dürfen auch wir Reiter versorgt werden und beziehen unsere sehr hübschen Zimmer. Meines geht mit Blick vom Balkon direkt auf eine Pferdeweide, wo bis am späten Abend einige Freiberger und ein Isländer grasen. Im Regen. Wir haben es mal wieder geschafft, im Trockenen anzukommen.

 

Nach einer Dusche und kurzen Verschnaufspause schauen wir nochmals nach den Pferden und machen uns dann per pedes auf zum örtlichen Dorfladen, der auch frisch gebackene Pizzas verkauft, da der Landgasthof heute leider geschlossen hat. Die futtern wir dann mit viel Genuß und einem Glas Rotwein auf meinem Balkon, bevor ich ziemlich geschafft ins Bett falle. 

Ausblick nach dem Regen
Ausblick nach dem Regen

09.06.2022

 

Wanderritt, 5. Tag: Besenfeld - Baiersbronn, 18,7 km, reine Reitzeit 4 Stunden, 434 Höhenmeter. 

 

Unsere letzte Etappe steht an. Nach einem zünftigen Frühstück sitzen wir wieder um 09.30 Uhr im Sattel. Zunächst müssen wir ein Stück die Bundesstraße und die Landstraße entlang und werden von einigen großen Lkws von hinten passiert. Die Jungs bleiben cool. Leider ist unser zunächst vorgesehener Trampelpfad durch einige umgefallene Bäume versperrt, so daß wir einen parallel verlaufenden Höhenweg wählen. Da diese aber oft mit einem Grünstreifen in der Mitte angelegt sind, taugen auch diese meistens sehr gut. 

 

Dort erwischt uns dann allerdings endlich mal der Regen. Wir ziehen frühzeitig unsere Regenponchos über und zuckeln durch den Wald. Schnell klart es jedoch auch wieder auf, so daß wir auf dem Höhenzug, den wir entlang reiten, einige schöne Ausblicke genießen und uns in der Sonne wieder etwas aufwärmen können. Wir kommen auch einen wunderschönen Wiesenweg im Wald entlang, der völlig verwunschen aussieht durch die vielen Tannen und das Moos. Das viele Grün leuchtet in so vielen verschiedenen Tönen, daß man sich gar nicht sattsehen kann. 

Auf nach Baiersbronn!
Auf nach Baiersbronn!

Dann geht es schon wieder hinunter ins Tal nach Klosterreichenbach. Wir steigen ab und führen die Jungs, da wir ein längeres Stück an einer Landstraße entlang und ohnehin durch den Ort hindurch müssen. Zunächst lassen wir die beiden aber noch am Ortsrand etwas pausieren und grasen. Und irgendwie sind wir zwischenzeitlich auch so aufgeregt, daß wir unsere eigene Pause vergessen... ;-) 

 

Entlang der Landstraße kommen wir an einem schönen Fachwerkhaus vorbei, vor dem mal wieder ein Brunnen steht. Willi hat schon wieder Durst und säuft. Da geht die Tür auf und wild gestikulierend kommt ein Ehepaar heraus. Ich erschrecke und denke schon, jetzt bekommen wir eine Abreibung, aber: weit gefehlt! Da wohnen die beiden nun seit 30 Jahren dort und noch nie hat ein Pferd aus ihrem Brunnen gesoffen! Sie freuen sich so, daß sie gerne Fotos von uns machen wollen, womit wir gerne einverstanden sind. 

 

Vor dem Kloster gibts eine kurze Fotosession,  bevor wir uns durch den Ort über die Murg und über die Bahngleise auf in Richtung Baiersbronn machen. Willi äppelt nochmals vor einem Haus, so daß erstmals mein die ganze Zeit schon in der vorderen Sattelpacktasche mitgeführter Müllsack Verwendung findet. Die Sonne ist zwischenzeitlich wieder heraus gekommen, so daß ich sogar mein Sweatshirt ausziehe. Immer an der Murg entlang steuern wir Baiersbronn an, das allerdings in dichten trüben Wolken hängt. Wir ziehen vorsichtshalber unsere Regenponchos über.

 

Am Tonbachtal vorbei gehts nochmals kurz den Berg hinauf. Und das letzte Stück auch nochmals richtig knackig: auf 94 m überwinden wir mal kurz 31 Höhenmeter, was einer Steigung von 33 % entspricht! Willi pausiert ebenso wie Artali einmal kurz, klettert dann aber tapfer weiter. Und dann liegt Baiersbronn vor uns, in diesem lang gestreckten Tal auf vielen Hügeln. 

Der letzte Abstieg
Der letzte Abstieg

Da Willis Sattel etwas zurückgerutscht ist, steige ich oben angekommen kurz ab und sattle nach. Wir folgen dem wunderschönen Höhenweg am Waldrand entlang in vielen Kurven der Schneise in Richtung Mitteltal entlang. Von dort oben aus entdecke ich sogar unsere Ferienwohnung, die wir für die nächste Woche gebucht haben. Und irgendwann kommt dann auch unser Ziel in Sicht: die kleine, feine Reitanlage von Elke und Tis Gaiser, der Blaue Reiter. 

 

Da das letzte Stück sehr steil den Berg hinunter führt, steigen wir frühzeitig ab, lockern den Sattelgurt und führen die Pferde. Willi tut sich mit dem Abstieg etwas schwer und möchte immer wieder stehenbleiben. Ich vermute, es zwickt ein wenig in der Hinterhand, die bei solch steilen Abstiegen weit untertreten muß. 

 

Neben einem Holzwerk angekommen überqueren wir die Straße und führen die Pferde das letzte Stück zum Blauen Reiter. 

 

Wir sind da!!!

Elke hat uns schon entdeckt und kommt uns entgegen. Wir haben es geschafft! Zwar fängt es schon wieder an zu regnen, aber das merken wir kaum. Wir bringen die Pferde schnell in ihre beiden nebeneinander liegenden Boxen und satteln ab - das letzte Mal. 

 

Nach geilen 105,3 Kilometern mit 2.794 berauschenden Höhenmetern sind wir angekommen.

 

Ich bin maßlos glücklich! Willi hat die Tour perfekt gemeistert, war fit und wurde jeden Tag fitter, sah auch abends immer noch munter aus und hatte bestimmt auch einigen Spaß. Sicher hat ihn manches gefordert, die Steigungen, die Trampelpfade im Wald, wofür es einiges an Koordination beim Klettern über Äste oder Wurzeln brauchte. Ich habe seinen Rücken täglich gecheckt, der auch heute noch völlig unempfindlich ist. Wir scheinen also alles richtig gemacht zu haben.

 

Vielen Dank an mein tolles Pferd, das mich auf dieser tollen Tour durch den Schwarzwald getragen hat. Vielen Dank auch an Birgit und Artali für die tolle Rittbegleitung! Wir waren ein starkes Team! Und natürlich heißen Dank an den besten Ehemann von allen, der uns durch seine zweimalige Trossbegleitung unterstützt hat. 

 

Während Artali am Abend schon die Heimreise antritt, bleibt Willi nun noch für eine Woche mit uns ins Baiersbronn im Urlaub. 

Lockeres Laufen
Lockeres Laufen

10.06.2022

 

Ich sammle von Willi am heutigen Morgen 13 festgebissene Zecken ab. :-() Ob die noch vom Wanderritt übrig sind?

 

Am Vormittag gehe ich mit Willi eine halbe Stunde auf den Reitplatz und lasse ihn dort locker am Halfter laufen, zuerst ausgiebig im Schritt, dann auch im Trab und ein klitzekleines Bißchen Galopp. Tja, das ist etwas anderes als auf Berge zu kraxeln... ;-) 

 

Morgen starten wir dann mit dem Reitunterricht. 

Erste Reitstunde
Erste Reitstunde

11.06.2022

 

Am Vormittag bekommen der Schwarze und ich die erste Reitstunde bei Elke. Wir starten nach dem Aufwärmen mit den Seitengängen im Schritt: aus Volten in den Ecken oder in der Mitte der langen Seite entwickeln wir jeweils Schulterherein und Travers. Willi möchte mich vor allem linke Hand immer gerne nach außen setzen, was sich immer wie ein *schwupp-dahin* anfühlt. ;-) Hier soll ich immer darauf achten, daß ich mit meiner inneren Hüfte gut nach vorne/unten sitzen kann. Außerdem muß Willi tendenziell im Hals eher gerader bleiben. Mit dem äußeren Zügel muß ich immer gut dranbleiben, am inneren immer wieder nachgeben, die Finger beweglich halten. Gleiches gilt für den Travers. 

 

Dann gehts an den Trab und viele Schritt-Trab-Übergänge, wobei Willi beim Durchparieren in den Schritt nicht einfach stehenbleiben darf, sondern wach bleiben und gleich wieder antraben muß. So vorbereitet gehts dann an das Schulterherein, was ganz passabel gelingt. 

 

Als neue Aufgabe sollen wir das Schulterherein dann auf der Diagonalen reiten, allerdings in Konterstellung. Ich hab gleich mal wieder einen Knoten im Kopf, der sich aufs Schwarztier überträgt. Beide torkeln wir über die Diagonale. ;-) Elke läßt uns daher gleich an der kurzen Seite in Konterstellung gehen. Und wenn ich dann auch noch richtig sitzen bleibe, paßt das einigermaßen. Hieraus testen wir nach einigen Versuchen dann auch das Angaloppieren bei Erreichen des nächsten Hufschlags. Urgs... Naja....... Willi muß viel geschlossener bleiben, weil er sonst zu lang wird und sogleich auseinander fällt. Aber gut: für die erste Gymnastikstunde nach einer Woche Geradeausreiten am Berg ist das ok. 

 

Am Abend darf Willi eine starke halbe Stunde auf die riesige Weide. 

Kopflüften auf der Weide
Kopflüften auf der Weide
Zweite Reistunde
Zweite Reistunde

12.06.2022

 

Am Vormittag haben Willi und ich die zweite Reistunde bei Elke. Ich bin etwas früh dran, weshalb wir erst längere Zeit nebeneinander durch die Halle wandern. Dann mache ich ein wenig Handarbeit und frage Schulterherein und Travers ab. So vorbereitet steige ich auf und lasse Willi noch ein wenig vor sich hinbummeln. 

 

Als Elke kommt starten wir gleich mit den Seitengängen im Schritt. Aus einer Volte heraus geht es entlang der Bande ins Schulterherein, bei E wird nach einer Volte ins Travers umgestellt. Nach Wiederholung auf beiden Händen wirds kniffliger: ich soll vom Schulterherein ins Renvers umstellen. Linke Hand habe ich gleich wieder einen Knoten im Kopf, weshalb Willi unter mir dahertaumelt. ;-) Elke läßt uns das ganze zunächst noch auf der anderen Hand absolvieren, dann sollen wir rechte Hand zunächst im Konterschulterherein entlang der Bande und bei E ins Travers umstellen: klappt. Als Elke mich darauf hinweist, daß das quasi die gleiche Übung wie vorhin ist, als ich einen Knoten im Kopf hatte, nur, daß sich die Wand eben an anderer Stelle befindet, bin ich mal wieder baff. *grins* So einfach kann das sein, wenn man dem Kind nur einen anderen Namen gibt. 

 

Dann wird Willi munter: Elke touchiert vorsichtig die Hinterhand, ich soll ihn linke Hand ganze Bahn im Schulterherein halten. Wird der Schwarze zu schnell oder drückt auf die Hand, soll ich anhalten, dann erst wieder anreiten. Das Schwarztier wird energetischer, weiß aber noch nicht so recht, was wir da eigentlich von ihm wollen. Als er es mit Rückwärts versucht, stelle ich ihn kurz deutlich nach innen ab, was die Bauchmuskulatur wieder löst, so daß er wieder gut ins Vorwärts kommt. Hin und wieder kommen ein paar halbe Tritte heraus. ;-) 

 

So im Go traben wir an. Willi ist deutlich aktiver in der Hinterhand und dadurch wesentlich runder im Genick. So können wir die Übungen mit den Seitengängen auch im Trab versuchen, was schon ganz gut klappt. 

Gespannpflege
Gespannpflege

13.06.2022

 

Am Vormittag steht heute einmal die Pflege unseres Gespanns auf dem Plan: Pferdeanhänger und Auto werden ausführlich geschrubbt und gesäubert. 

 

Am Abend habe ich dann meine dritte Reitstunde bei Elke und hole den Schwarzen aus seinem neuen Paddock. Da ein weiteres Kurspferd zu Besuch gekommen ist, steht Willi nun mit diesem netten Spanier nebeneinander in einem separaten Offenstall. 

 

Wir beginnen die heutige Einheit mit Handarbeit. Ich soll Willi ganze Bahn führen, dabei seine Schritte deutlich verkürzen. Elke touchiert von hinten ab und an, damit der Schwarze in der Hinterhand aktiv bleibt. Dadurch richtet er sich vorne deutlich auf. Elke bezieht insoweit auch Gerret ein und zeigt ihm, wie er uns hierbei unterstützen kann. Immer, wenn Willi etwas träger wird, soll er sachte touchiert werden, darf dabei aber nicht in Streß geraten. Zieht er zu sehr nach vorne oder stützt sich auf das Gebiß, halten wir an, sortieren uns und starten dann wieder neu. 

 

So vorbereitet steige ich auf. Wir gehen ganze Bahn und wiederholen die Übungen von gestern: ganze Bahn, zuerst Schulterherein entlang der langen Seite, in der Mitte umstellen ins Renvers. Das klappt nach einem ersten Fehlversuch meinerseits (Stichwort: Knoten im Kopf... *grins*) schon wesentlich besser als gestern. Ich reite Willi in diesen Übungen ebenfalls in äußerst ruhigem Tempo, halte ihn jedoch gleichzeitig energetisch, wodurch er sich erneut aufrichtet. Insgesamt muß ich aufpassen, daß ich sehr locker sitze, die Energie aber behalte, und beweglich in den Fingern bleibe, mich keinesfalls festziehe. Immer wieder wird der Schwarze dadurch ganz leicht und trägt sich selbst. 

 

Hieraus traben wir an. Elke ermahnt mich immer wieder, daß ich Willi am Sitz behalten muß und die Zügel nicht wegwerfen darf. Der Trab ist nicht einfach eine schnellere Gangart, sondern kann genauso ruhig wie der Schritt in gemessenem Tempo geritten werden. Willi und ich fummeln uns immer mehr ein und können so schon einige Runden mit wirklich guter Energie halten, weshalb wir dann auch hier die Seitengänge dazu nehmen: Schulterherein und Renvers. Poh, es klappt! :-) Toll! 

 

Da Willi noch immer recht frisch ist, nehmen wir zum Abschluß noch den Galopp hinzu, zuerst auf dem Trab, dann aus dem Schritt. Das ist natürlich noch ausbaufähig, aber es ist fühlbar, daß es Willi aufgrund dieser Vorbereitung wesentlich einfacher fällt, so zu galoppieren. 

 

Nach so einer tollen Einheit darf er dann noch eine halbe Stunde auf die große Weide, wo er viel umher wandert und immer mal wieder nach seinem neuen Offenstall-Nachbar schaut, der ihm hinterher wiehert. 

Mit dem neuen Offenstallnachbarn
Mit dem neuen Offenstallnachbarn

15.06.2022

 

Nach einem Tag Pause ist Willi erholt und munter. Wir beginnen die heutige Reitstunde wieder mit etwas Handarbeit. Ich führe Willi an der Trense in Handarbeitsstellung, Gerret folgt mit der Gerte und touchiert sachte auf Elkes Anweisung hin. Sobald Willi dagegen drückt, halten wir an, sortieren und starten neu. 

 

Dann gehts in den Sattel. Auch hier verlangen wir zunächst wieder ein sehr ruhiges, langsames Tempo, aber eben mit Energie. Willi fängt langsam an, das zu begreifen und arbeitet toll mit. Sobald er die Hinterhand aktiviert und vorne leicht wird, soll ich antraben. Dabei sollen wir die Energie aber auch in diesen kurzen Trabtritten beibehalten. Hier muß ich noch etwas das Wechselspiel zwischen Aufnehmen und Vortreiben finetunen, es wird aber schon besser. 

 

Da der Schwarze noch frisch ist, nehmen wir den Galopp dazu, entwickelt im Schritt aus einer einfachen Schlangenlinie - wichtig hierbei: immer schön in den Wendungen umstellen! So vorbereitet und "kugelig" geritten kann Willi schön einspringen. Das wiederholen wir auf jeder Hand. 

 

Es schließt sich die Arbeit in der Quadratvolte an: wir sollen in jeder Ecke anhalten, in einer 1/4-Wendung um die Hinterhand wenden und wieder geradeaus. Ich möchte gerne mit der linken Hand über den Mähnenkamm ziehen, was Elke immer wieder korrigiert. Als ich mich endlich mal richtig sortiert habe und vor allem: richtig sitze, paßt es. ;-) Dann absolvieren wir die Wendungen auch aus der Bewegung im Schritt und letzten Endes dann auch aus dem Trab. Endziel ist hierbei eine Volte, die ich in der Vorstellung nicht kreisrund, sondern als Vieleck (Wenden am äußeren Zügel, inneres Bein biegt) reite. So bleibt Willi schön aufgerichtet, kann die Selbsthaltung besser erhalten und geht schön durchs Genick. 

Vorletzte Reitstunde
Vorletzte Reitstunde

16.06.2022

 

Ich bin nun langsam etwas groggy, was sich auch bei Willi bemerkbar macht. Mein Sitz läßt heute in der auch schon vorletzten Reitstunde etwas zu wünschen übrig, ich kann die Balance zwischen Spannung und Losgelassenheit heute nur schlecht halten. 

 

Trotzdem gibt sich der Schwarze erdenkliche Mühe, den Anweisungen, die von Elke kommen, Folge zu leisten. 

 

Zu Anfang wärmen Gerret und ich Willi an der Hand auf. Ich führe ihn in Handarbeitsstellung, Gerret folgt mit der Gerte, setzt diese jedoch nur auf mein Kommando "Jetzt!" ein. Ich gehe einen langsamen Schritt, warte, bis Willi sich selbst etwas mehr aufnimmt und gebe das Kommando erst, wenn er leicht in der Hand ist. Witzigerweise weiß das schlaue Schwarztier schon was kommt und wird von selbst energetischer, bevor Gerret noch überhaupt etwas gemacht hat. ;-) Gut! Nachdem das einige wenige Male geklappt hat, sitze ich auf. 

 

Heute steht zunächst wieder Schulterherein entlang der langen Seite auf dem Programm. In der nächsten Übung wechseln wir bei E bzw. B jeweils über eine Ecke die Bahn und gehen auf der neuen langen Seite gleich wieder ins Schulterherein. Hierauf folgt der Wechsel auf gleicher Linie von Schulterherein ins Travers. Als das alles gut gelingt, geht es an den Trab, der aufgrund der guten Vorbereitung gleich schön aus der Hinterhand heraus kommt. 

Dann wird es knifflig: ich soll in einer Schlangenlinie durch die ganze Bahn reiten, in den Bögen immer entlang der Bande wenige Schritte Schulterherein. Als das gut funktioniert (nachdem mein Knoten im Kopf mal wieder gelöst wurde... *grins*) machen wir die gleiche Übung im Travers. Schlußpunkt der heutigen Seitengänge sind Schlangenlinien durch die ganze Bahn, aus der Wendung heraus geht es im Schulterherein auf die Gerade, auf der Mittellinie wird umgestellt ins Travers, was in der nächsten Wendung erhalten bleibt und erst bei Erreichen der Geraden wieder in ein Schulterherein mündet, auf der Mittellinie wird wieder umgestellt usw. Uff, wenn wir das mal im Trab können, sind wir gut... Ich bin froh, daß wir das überhaupt ganz gut um Schritt gelöst bekommen. 

 

Zum Abschluß gehts nochmals kurz an den Galopp, den wir wieder aus einer einfachen Schlangenlinie heraus entwickeln. Ich bin allerdings ziemlich off und froh, daß Willi noch immer so schön mitmacht. Braver Schwarzer! 

 

Dafür gehts dann auch zum Plantschen in die Murg. :-) Die ist teilweise sogar für den Schwarzen recht tief. 

Letzte Reitstunde
Letzte Reitstunde

17.06.2022

 

Schon ist der letzte Urlaubstag da. Am Vormittag habe ich bei schon gut 25° meine letzte Reitstunde bei Elke. Trotz des gestern sehr chilligen Tages bin ich weiterhin etwas groggy: der Kopf ist jetzt einfach zu voll. Deshalb beschließen wir, den Galopp heute grundsätzlich weg zu lassen und uns eher nochmals auf ein ruhiges, aber energisches Vorwärts und die hierzu notwendigen Hilfen zu konzentrieren. 

 

Bevor ich aufsteige, habe ich Willi etwas an der Hand vorbereitet, ihn in Handarbeitsstellung ganze Bahn gehen lassen in einem sehr ruhigen, verkürztem Tempo. Er soll hierbei allerdings nicht schleichen, sondern trotzdem Energie zeigen. Ich habe die Gerte zwar in der Hand, brauche sie jetzt kaum einzusetzen, denn schon auf mein Kommando "Jetzt!", das ja eigentlich für Gerret als Einsatz zum Touchieren gedacht ist, der aber nicht einmal mitläuft, wird der Schwarze aktiver. Das muß ich jetzt noch via Körpersprache ausarbeiten und mit in den Sattel nehmen. 

 

Als Elke kommt, versuche ich das gleich mal. Elke gibt mir des weiteren immer wieder Hinweise, sobald das Schwarztier sich - vorzugsweise in den Ecken und Wendungen - auf eine Schulter fallen läßt. Ich muß ihn mehr gerade halten und den äußeren Zügel einsetzen. So kommen wir zum Thema "Das Pferd über den äußeren Schenkel an den äußeren Zügel heranreiten". Ich kenne zwar die diagonale Hilfengebung (innerer Schenkel, äußerer Zügel), eine gleichseitige war mir bislang nicht so wirklich bewußt. Durchs Elkes Anweisungen kann ich allerdings spüren, wie uns das helfen kann, Willi vor allem mehr über den äußeren Zügel führen zu können. 

 

Ich stelle Willi entlang der Bande immer wieder leicht nach außen, treibe ihn gleichseitig und stelle ihn dann wieder um. Durch den ständigen Wechsel wird Willi sehr aufmerksam, und so kann ich letzten Endes sogar eine ganze Volte nur am äußeren Zügel geführt mit nahezu durchhängendem inneren Zügel reiten. Das ist mein heutiger Aha-Effekt. ;-) Wir versuchen das ganze auch noch im Trab, was gut gelingt. Dazu soll ich Willi zunächst in flüssiger Bewegung aus dem Schritt ins Rückwärts bringen, hieraus wieder antreten bzw. letzten Endes antraben lassen. 

Das war mal wieder eine tolle Woche mit viel Input! :-) 

 

Fazit: Ich muß Willi wesentlich ruhiger reiten, gleichzeitig aber energetisch halten. Das ist ein Lernprozeß. Er darf nicht dadurch gestreßt werden (was in der ganzen Woche kein einziges Mal der Fall war), und bekommt natürlich immer wieder Pausen am hingegebenen Zügel. Grundsätzlich muß ich immer das Gefühl haben, Willi mit einer Energie vor mit zu haben, die es mir in der Arbeitssituation erlaubt, ihn jederzeit antreten, antraben, angaloppieren oder rückwärtsrichten zu lassen. Dazu ist meinerseits ein weiteres Finetuning der Hilfen zwischen Vorwärtstreiben und Parieren notwendig. Das sind unsere Hausaufgaben für die nächsten Wochen.  

 

Nachdem Willi nochmals eine Stunde auf dem Paddock verschnaufen konnte, gehts dann endlich heimwärts: er steigt artig ein und steht trotz Stau auf der Autobahn brav in seinem Pferdeanhänger. Zu Hause ist die Freude dann groß: Amor kommt gleich von der Weide getrabt, um seinen Kumpel zu begrüßen. Den Rest des Tages und auch die kommende Nacht verbringen die beiden auf der Weide. 

Die Jungs im Glück: Heu am Halm satt.
Die Jungs im Glück: Heu am Halm satt.

18.06.2022

 

Die Jungs haben die Nacht hauptsächlich auf der Weide verbracht. 

 

Ab heute haben sie nun Zugang zur noch voll mit Heu am Halm stehenden Weide Nr. 1. Da ist die Freude groß. Da es allerdings ab heute nochmals temperaturtechnisch bis fast an die 40°-Marke gehen soll, kommen sie auch immer wieder in den Stall in den Schatten zum Dösen. 

 

Mehr gibt es bei solchen Temperaturen eigentlich nicht zu tun. Dennoch senst Gerret am Morgen noch kurz die entlang des Trailwegs gepflanzten Heckensträucher frei. Diese haben sich seit ihrer Pflanzung im letzten Herbst gut entwickelt. Wir werden nur schauen müssen, ob die Jungs sie anknabbern, sobald sie auf Weide Nr. 2 getrieben werden. 

 

Am Abend rupfe ich bei immer noch 32 Grad *schwitz* nochmals ettliche Berufkraut-Pflanzen auf den Weiden 1-3 aus. Da muß man echt dranbleiben. 

Die am Trailweg entlang gepflanzten Heckensträucher haben sich gut entwickelt.
Die am Trailweg entlang gepflanzten Heckensträucher haben sich gut entwickelt.
Einmal Erfrischung bitte!
Einmal Erfrischung bitte!

19.06.2022

 

Das Thermometer steigt den Tag über auf knapp 38 Grad... Da macht man mit den Pferden:  nix. 

 

Unsere Rauchschwalben haben nach dem ersten Gelege mit vier Jungen ein zweites mit ebenso vielen. Am Abend sitzen die vier hechelnd auf dem Rand des Nests und ich denke noch: hoffentlich fällt keiner runter - da liegt keine fünf Minuten auch schon einer am Boden. :-( Ich hole schnell die Leiter und bugsiere ihn wieder ins Nest. Hoffentlich schafft er es. 

Kutschfahrt mit Amor als Handpferd
Kutschfahrt mit Amor als Handpferd

20.06.2022

 

Es hat über Nacht deutlich abgekühlt. Am Abend haben wir gerade noch knapp über 20 Grad. 

 

Als wir abends am Stall eingetroffen sind, fällt plötzlich wieder das Schwalbenbaby aus dem Nest. Gerret hebt es wieder hinein. Ich beobachte die Eltern eine zeitlang, die immer wieder kommen und es offensichtlich motivieren wollen, mit zu fliegen.

 

Dann gehts mit Willi vor der Kutsche und Amor als Handpferd 1,5 Stunden ins Gelände. Wir traben einige längere Strecken, die der Senior prima mithalten kann. Insgesamt sind wir 7,5 km unterwegs. Immer wieder muß ich allerdings auch mal absteigen, weil uns Radler, Spaziergänger oder Autos entgegenkommen oder überholen. Der Schwarze ist völlig gechillt und zuckt nicht einmal mit der Wimper, wenn ich während der Fahrt auch immer wieder auf die Kutsche aufspringe. Amor ist ziemlich munter und zeigt einen tollen Schritt: er fußt immer mindestens eine Hufbreit über.  

21.06.2022

 

Am Abend gehe ich mit dem Schwarztier eine Dreiviertelstunde auf die Reitwiese und versuche, unsere Hausaufgaben von Elke nachzureiten. Da ein anderes Pferd longiert wird und dessen pferdische Begleitung in einer Ecke parkt, ist das etwas schwierig, aber wir bekommen es hin. Ich wärme Willi zunächst etwas an der Hand mit Handarbeit auf und lasse ihn hierbei ebenso langsam und ruhig, jedoch mit Energie schreiten wie bei Elke, füge dann auch noch das Übertreten an. Auch im Sattel lasse ich erst am hingegebenen Zügel schreiten und nehme dann die Zügel vorsichtig auf. Wir gehen viele gebogene Linien (aus aufgrund der eingeschränkten Bahn nicht schwer fällt) und ich frage gleich Schultervor und traversartige Schritte ab. Linke Hand ist das kein Problem, rechte Hand tut sich der Schwarze etwas schwer, außen loszulassen. Ich arbeite mit wechselnder Konterstellung auf dem Zirkel, so daß er sich nach und nach besser dehnen kann.

 

Im Trab achte ich heute nur auf ein fleißiges Vorwärts und meine Abstimmung zwischen Parieren und Zulegen, wenn Willi sich eben auf meiner Hand abstützen oder bummeln möchte. Das klappt noch nicht gänzlich reibungslos, aber ich habe ein besseres Gefühl dafür als noch vor dem Urlaub.

 

Sarah bekommt heute auf Amor eine Sitzungschulungseinheit von Steffi Barth von www.stefanie-barth-horsemanship.de. Der Senior wurde übrigens die letzten beiden Wochen während Willis Abwesenheit nahezu täglich mit Reiten, Spazierengehen, Longe, Doppellonge oder Bodenarbeit bespaßt und ist auch heute wieder eifrig bei der Arbeit.

Amor auf dem Podest
Amor auf dem Podest

22.06.2022

 

Am späten Nachmittag bekommen wir Besuch aus Berlin. Inge und Jürgen, die Kutschfahrbeteiligungen der Vorbesitzerin unseres Kütschchens, mit denen wir seit dem Kauf immer wieder per Email Kontakt gehalten haben, sind in der Gegend und kommen vorbei. Wie schön! Wir sitzen bei Kaffee und Kuchen gemütlich am Stall zusammen und erzählen uns von unseren pferdischen Erlebnissen. Amor und Willi bekommen Apfelschnitze mitgebracht und finden sowas natürlich immer sehr gut. Sogar Paula ist sehr angetan und läßt sich ausgiebig kraulen. 

 

Zu Hause packen wir dann schon mal alles ins Auto: wir fahren übers verlängerte Wochenende nach Brück, um das das letzte Mal stattfindende Kaltblut-Festival "Titanen der Rennbahn" zu besuchen. 

Auf dem Campingplatz Hoher Fläming
Auf dem Campingplatz Hoher Fläming

23.-25.06.2022

 

Nach das Festival in den letzten beiden Jahren jeweils corona-bedingt verschoben werden mußte, klappt es dieses Jahr! :-) Wir reisen am Donnerstag mit dem Dachzelt nach fast acht Stunden Fahrt mit zweistündiger Verspätung wegen einer Autobahnsperrung auf dem Campingplatz Hoher Fläming in Rädigke an. Zum Verschnaufen gibts nach der Dusche erst einmal ein Fläming Spezial. 

 

Die Nacht war bis auf das Rauschen der Autobahn sehr gemütlich, und am Morgen werden wir durch munteres Vogelgezwitscher mehrerer Pirole geweckt. Wir packen das Dachzelt zusammen, frühstücken und machen uns auf den Weg ins ca. 30 km entfernte nach Brück. 

Wir lassen uns mit dem Shuttle-Service, einem riesigen Traktor mit Planwagenanhänger, vom kostenlosen Parkplatz zum Festival-Gelände kutschieren. Um 09.45 Uhr startet der Trubel mit dem Einzug aller Teilnehmer. Zu sehen sind Kaltblüter aller möglichen Rassen in verschiedenen Anspannungen oder unter dem Reiter, aber auch Mulis, Shettys und so manche Kuh. ;-) Ich freue mich natürlich, daß ich gleich mehrere Noriker entdecke. 

 

Der erste Programmpunkt ist ein 20-Spänner vor einer wunderschönen Postkutsche. Ich will gar nicht wissen, wie viele Kilo Fahrleinen der Fahrer dort in der Hand halten muß. Allein fürs Einspannen waren 25 Personen notwendig. 

 

Dann beginnen die Austragungen der zahlreichen Rennen: Ladies Cup Hindernisfahren, Wagenrennen, Rennreiten ohne Sattel, Zugleistungsprüfungen, Formationsfahren, Hindernisfahren im 2-, 4- und 6-Spänner. Sehr beeindruckend ist hierbei das Hindernis einer riesigen Wippe, die von vielen Gespannen freiwillig überfahren werden kann. Dazwischen gibts immer wieder wunderschöne Schaubilder. 

Schleswiger beim Wagenrennen
Schleswiger beim Wagenrennen

Es ist absolut beeindruckend, diese ganzen schweren Pferde in so toll trainiertem Zustand zu erleben. Mir fällt auf, daß im Gegensatz zu so manchem Freizeit-Pferdchen kaum übergewichtige Vertreter zu sehen sind. 

 

Gewinner des Wagenrennens der 2-Spänner waren - natürlich *grins* - zwei Mohrenkopf-Noriker. ;-) 

 

Mein Highlight ist das Schaubild "Alpenpower", ein Team aus Bayern,  das eine ungarische Post-Quadrille mit 24 Pferden  (zwölf Mal zweispännig!) vorstellt. Waaaaahnsinn! 

 

Zwischendurch findet noch die Tombola statt, und Gerret wird schon ganz bleich, als bei der Ziehung des Hauptpreises, einem Kaltblutfohlen, meine Losnummer fast mit der des Hauptgewinns identisch ist. Aber so nehmen wir nur eine Abschwitzdecke für Amor und eine Tüte Leckerli mit nach Hause. 

120 freilaufende Koniks
120 freilaufende Koniks

Großartig ist auch der Wettkampf zum stärksten Kaltblut des diesjährigen Festivals. Hierbei werden in zwei Klassen (leichte Klasse bis 800 kg und schwere Klasse über 800 kg) die Pferde vor einen Wagen gespannt (für die schwere Klasse hat dieser ein Gewicht von 1.060 kg!), der dann 60 m weit gezogen werden muß. 

 

Außerdem erleben wir eine 120-köpfige freilaufende Konikherde, die aus der Thürengeti nach Brück gebracht wurde. 

 

Wir haben einen wunderschönen Tag! 

 

Leider findet dieses tolle Pferde-Event dieses Jahr nach 20 Jahren zum letzten Mal statt. Die Auflagen, die den Veranstaltern von Seiten der Behörden Jahr für Jahr steigernd auferlegt wurden, können nicht mehr gestemmt werden - von dem ohnehin finanziellen Verlustgeschäft einmal abgesehen. Schade, schade! :-( Aber wir sind froh, daß wir dieses Jahr dabei sein konnten. 

 

Nach einer weiteren Nacht auf dem Campingplatz machen wir uns am Samstag wieder auf den Heimweg. 

 

Amor und Willi dürften währenddessen ihre freie Zeit mit 24-stündigem Weidegang genießen und werden von Sarah, Vanessa und Christin betreut. Vielen Dank dafür! 

27.06.2022

 

Während Gerret von Brigitte eine Fahrtstunde bekommt und mit Willi vor der Kutsche 1,5 Stunden durchs Gelände zuckelt, nehme ich das Mörchen mit auf die Reitwiese. Beim Aufwärmen schaut alles noch recht normal aus; Amor ist munter und lauffreudig. Diese Lauffreudigkeit artet dann allerdings in hektisches Zentrifugieren aus, als ich ihn auf einem kleinen Zirkel in den Trab schicken möchte. Aufgeweckt pest es um mich herum. So wird das nix.

 

Ich pariere ihn durch (was auch gefühlt ewig dauert) und nehme ihn kurz an die Hand. Frech guckt er mich an. Beim Übertretenlassen beruhigt er sich etwas und sammelt sich, wird aufmerksamer. Allerdings schiebt und schummelt er sich jeweils sehr gekonnt über die äußere Schulter weg, rechte Hand schlimmer wie links. Also verlege ich unseren Arbeitsplatz an die Band und lasse ihn dort Schulterherein gehen. Amor versucht, sich über deutliches Vorwärts der Beugung der Hinterbeine zu entziehen und drückt mich weg. Ich bleibe beharrlich dran und gehe meditativ langsam, so daß wir nach einigen Metern endlich so etwas wie einen Seitengang entwickeln.

 

Nach der Wiederholung auf beiden Händen gehe ich mit dem Senior so vorbereitet in das Dualgassen-Dreieck, daß ich uns in weiser Voraussicht vorhin schon hingelegt habe. Auch hierbei muß sich Amor konzentrieren und aufpassen, wo er hintritt. Ich laufe immer einige Schritte in einem großen Bogen um das Dreieck herum mit, so daß sich die Lage der von Amor zu übertretenden Stangen ständig ändert. Endlich schnaubt er mehrmals ab und federt etwas besser durch, der Rücken schwingt ein wenig. Jedes Mal, wenn ich ihn lobe und zur Belohnung kraule, brummelt er vor sich hin und ist selbst ziemlich zufrieden mit sich. Naja. ;-)  

Amor nach der Handarbeit
Amor nach der Handarbeit

28.06.2022

 

Vanessa geht mit Willi am Vormittag eine Dreiviertelstunde spazieren. 

 

In meiner Mittagspause schnappe ich mir das Mörchen und gehe mit ihm auf die Reitwiese. Es steht Handarbeit an, mit der ich seine deutliche Schubkraft besser in Tragkraft umleiten kann. ;-) 

 

Wir starten mit einem sehr gemäßigten Tempo ganze Bahn. Ich trete sehr achtsam immer zuerst mit den Fußballen auf und halte mich aufrecht. Sobald Amor zu sehr in die Hand drückt, was anfangs sehr, sehr oft der Fall ist, gehen wir eine Volte. Ich pariere viel am äußeren Zügel. Sobald er nachgibt und leicht wird, gebe ich ebenfalls nach. So arbeiten wir uns auf jeder Hand einmal um die ganze Bahn. Aus der Volte heraus entwickeln wir immer wieder Schulterherein. Das ist ihm oftmals zu anstrengend, weshalb es dann wieder in eine Volte geht. Hat er das Schulterherein einmal wirklich für wenige Schritte gut eigenständig beibehalten, gibts viel Lob und einen hingegebenen Zügel. 

 

Da es mir allerdings schwer fällt, seine Hinterhand zu kontrollieren, entschließe ich mich, einmal kurz für zwei Minuten aufzusitzen. Ich steige über die Aufstiegshilfe auf, wir gehen linke Hand entlang der langen Seite. Das ist was anderes als der breite Willi... *grins* Ich kann seine Energie nach vorwärts gut einfangen, lasse ihn Volten gehen und darauf ins Schulterherein, muß dabei allerdings aufpassen, daß er sich auch wirklich biegt. Das machen wir aus einer Kehrtvolte heraus dann auch gleich auf der anderen Hand. Wieder aus einer Kehrtvolte geht es entlang der langen Seite aus einer Volte heraus ins Schulterherein, bei E stelle ich ins Renvers um, wiederhole das auch auf der anderen Hand. Das Mörchen wird immer leichter und arbeitet sehr artig mit. :-) 

 

So vorbereitet will ich wieder an der Hand auf den kleinen Zirkel. Dort soll er zunächst nur spurig laufen, was ihm rechte Hand leicht fällt. Linke Hand weicht mein rechts hohles Pferdchen aber immer wieder mit der Hinterhand nach außen aus. Ich gehe immer wieder in Konterstellung, komme aber nicht so recht durch, weshalb wir dann jedes Mal auf eine Außenvolte ausweichen. Danach spurt er besser. Und ich lasse das viele Pferde-Pilates damit auch gut sein. Das muß ich wirklich wieder öfter mit ihm machen. 

 

Am Abend kommt dann das Schwarztier noch unter den Sattel. Schon beim Aufwärmen an der Hand zeigt er mehr Energie als noch vor dem Wanderritt und dem Reitunterricht - gewonnene Kraft und das Wissen, sie einzusetzen. Im Sattel lasse ich ihn sich erst am hingegebenen Zügel noch etwas lösen, dann gehts zunächst über Schultervor zum Schulterherein. Das fällt Willi heute rechte Hand etwas schwerer. Nach dem Wechsel Schulterherein/Renvers entlang der langen Seite mit Umstellen bei E ist er lockerer und biegt sich besser. Hieraus traben wir dann auch an, können sogar ein wenig Schulterherein mit dazu nehmen. Schön! 

Amor und Sarah
Amor und Sarah

29.06.2022

 

Am Abend gebe ich Sarah auf Amor eine Reitstunde. Wir schauen uns den Sitz an und versuchen, des Seniors Schubkraft etwas mehr in Tragkraft umzuwandeln. ;-) 

 

Fein machen die beiden das! Ich bin immer wieder begeistert, wie fit das Mörchen mit seinen 28 Jahren ist und wie schön er mitarbeitet. 

 

Das Heu am Halm auf der äußerst überständigen Weide bekommt Amor derzeit ziemlich gut. Er frißt seine 2x täglich 3 kg Heucobs-Rübenschnitzel-Mischung nur fast und sieht trotzdem sehr gut aus. 

 

 

Chilling im Schatten bei 30°
Chilling im Schatten bei 30°

30.06.2022

 

Der Juni verabschiedet sich mit nochmals 30°. Mit Rückblick auf das letzte Wochenende bei den Titanen der Rennbahn und den Eindrücken, was diese Pferde dort bei ebensolchen Temperaturen geleistet haben, belasse ich es bei meiner Verabredung mit Annette zur Reitstunde zum High-Noon: 12 Uhr Mittags. ;-) 

 

Der Schwarze hat am Morgen zum Frühstück zwei Schippen Hafer extra bekommen - wovon ich aber nicht viel merke. Die hat die Hitze wohl weggeschmolzen...?

 

Noch bevor Annette kommt, lasse ich Willi an der Hand übertreten und freue mich, daß er das zwischenzeitlich auf einem wesentlich kleineren Kreis wie noch vor einigen Wochen und Monaten absolvieren kann. Angefangen haben wir damit ja quasi mit Rücksicht auf einen großen Wendekreis auf einer Volte. Jetzt tritt er auf beiden Händen auch vorne jeweils schön über, und ich kann hierbei auf einem recht kleinen Kreis mitgehen. 

 

Mit Annette arbeiten wir dann weiter an dem Zusammenspiel der Hilfen - zunächst Hinterhandaktivierung und dann Aufnehmen vorne und immer wieder aufeinander abgestimmt. Ich merke immer mehr, wie oft ich den Schwarzen in der falschen Annahme, ihn damit zu entlasten, auseinanderfallen lasse. Willi ist zwischenzeitlich in einem Trainingszustand, der es ihm erlaubt, auch deutlich geschlossener und aufgerichteter zu gehen (natürlich sofern die Hinterhand aktiv ist) - und ich muß mich eben auch trauen, das abzurufen. So gibt uns Annette viele Übergänge vor: Schritt-Trab, Rückwärts-Trab, Schritt-Galopp. Ich hänge oft viel zu sehr im linken Zügel fest und schupse Willi dadurch nur noch mehr auf seine rechte Schulter. Das ist meine Hausaufgabe für die nächsten Reiteinheiten.