Reitkurs mit Mark Rashid am 10.05.2014, Boswil/Schweiz

 

Nachdem ich vom 04.-06.05.2014 an einem Aikido-Kurs mit Mark Rashid teilgenommen hatte (zum Kursberichts gehts hier: http://pfinzgauranch.jimdo.com/kursberichte/mark-rashid-1/mark-rashid-aikido-mai-2014/), wollte ich natürlich auch gerne sehen, wie das in die Praxis umgesetzt werden kann. So reisten Gerret und ich zusammen in die Schweiz, um beim Reitkurs mit Mark zuzusehen. Organisiert wurde auch dieser Kurs von Sonja Bucher, die gleichzeitig den ganzen Tag als Übersetzerin zur Verfügung stand. Der Kurs fand in einer tollen Reithalle in Boswil in der Schweiz statt. 

 

Wir bekamen sieben verschiedene Pferd-/Reiterpaare zu sehen, die sehr unterschiedliche Problemstellungen hatten. Jede Einheit dauerte eine Stunde. 

 

1. Freiberger, Wallach, 4 Jahre, englischgeritten: Mit diesem Pferd, das Mark schon aus dem Kurs im Herbst letzten Jahres kannte, arbeitete er hauptsächlich an der Balance im Trab. Das Pferd sollte sich nicht auf den Zügel legen, benötigte immer wieder eine leicht vermehrte Aufrichtung als es von selbst anbot. 

 

2. Vollblut, Stute, 18 Jahre, englischgeritten: Die Stute hatte lt. Besitzerin (die ebenfalls am gleichen Aikido-Kurs wie ich teilnahm) eine Pause, weil die Besitzerin selbst ein Baby bekommen hatte. Hier arbeitete Mark zunächst viel an der Nachgiebigkeit der Stute übers Gebiß, sie sollte sich im Unterkiefer lockern. Das Herausheben der Stute lag vor allem an der Handeinwirkung der Besitzerin, was Mark in dieser Einheit deutlich "entschärfen" konnte. Sowohl im Schritt, als auch im Trab konnten Besitzerin und Pferd sich verbessern. Ein deutlicher Rückschritt zeigte sich jedoch beim Galopp; hier merkte man sehr genau, daß die Reiterin schon verspannte, wenn sie nur an "Galopp" dachte, was sich umgehend aufs Pferd übertrug. Leider war die Einheit zeitlich nahezu ausgeschöpft, so daß Mark hier nicht weiter auf dieses Problem eingehen konnte. Auf meine Nachfrage, ob es denn nicht sinnvoller sein könnte, mit der Reiterin an deren innerer Softness insbesondere im Hinblick auf den Galopp zu arbeiten, sagte Mark, daß er ihr hier eben einen Ausblick hätte geben wollen. 

 

3. Freiberger, Wallach, 8 Jahre, westerngeritten: Der Wallach wurde von der aus Deutschland angereisten Besitzerin als früher sehr hengstig vorgestellt und hatte leichte Probleme, ruhig zu bleiben, was jedoch lt. Besitzerin am Kurstag nicht so schlimm ausgeprägt sei wie sonst. Mark arbeitete mit dem Wallach nur am Boden. Das Pferd sollte Abstand von ihm halten (Mark bevorzugt für sich selbst eine ausgestreckte Armlänge, dies kann jedoch bei jedem individuell anders sein) und ihm ruhig folgen. Zusehends wurde der Wallach, dem Mark so Führung gab, ausgeglichener und ruhiger. Wichtig war Mark beim Anhalten, daß das Pferd immer sofort bereit blieb, auch einen Schritt zurück zu machen, was auch nur durch eine leichte Gewichtsveränderung sichtbar sein konnte. 

 

4. Freiberger, Wallach, Alter unbekannt (aber wohl noch recht jung), englischgeritten: Das Pferd wurde im Trab sehr schnell hektisch, rannte unter der Reiterin davon und buckelte mehrmals. Sobald das Pferd flotter als von der Reiterin gewünscht wurde, sollte diese auf eine Volte abweichen. Hier wurde das Pferd jedoch leider mehrmals panisch, was man gut an seinen aufgerissenen Augen sehen konnte. Mark diagnostizierte ein Zahnproblem, da die Besitzerin auf Nachfrage mitteilte, daß beim Wallach vor einiger Zeit die Zähne unter Einsatz von elektrischen Geräten gemacht worden seien. Mark lehnt diese ab, da diese seiner Meinung nach auch bei sehr ruhigen und versierten Pferdedentisten zu viel Zahn abschmirgeln. Die Einheit wurde sodann auch abgebrochen, weil das Pferd offensichtlich Schmerzen hatte. 

 

5. Stute, 13 Jahre alt, ehem. Springpferd, jetzt westerngeritten: Auch diese Einheit wurde abgebrochen bzw. gar nicht erst aufgenommen. Das Pferd zeigte deutliche Rückenschmerzen. 

 

6. Scottish Highland Pony, Wallach, 11 Jahre alt, barockgesattelt (vermutlich ein Fellsattel): Das sehr nette Schimmelchen könne lt. Besitzerin motivierter sein. Auch diese Besitzerin hatte an einem Aikido-Kurs bei Mark teilgenommen. An ihr wurde sehr gut sichtbar, wie die von Mark in den Aikido-Kursen gezeigte Softness im Sattel aussehen kann: das Pferd konnte letztlich Übergänge vom Halten in den Schritt, vom Schritt in den Trab, vom Trab in den Galopp und auch vom Schritt in den Galopp ohne Einsatz von Schenkelhilfen zeigen. Krönung des ganzen war Schenkelweichen - ebenfalls ohne Schenkeleinsatz. Die Übergänge kamen im Prinzip nur dadurch zustande, daß Mark die Reiterin aufforderte, sich jeweils gedanklich den neuen Takt (Schritt Viertakt, Trab Zweitakt, Galopp Dreitakt) vorzustellen. Das Pferd wurde zusehends flotter. :-) 

 

7. Stute, 4 Jahre, vermutlich noch ungeritten: Mark demonstrierte mit ihr ground-driving, also quasi Langzügelarbeit. Die beiden dünneren Bodenarbeitsseile wurden am Halfter (das lt. Mark nicht gut saß und besser enger hätte sein sollen, damit es nicht so sehr verrutscht) eingehängt. Mark steht bei dieser Arbeit immer seitlich innen auf Höhe der Hinterhand des Pferdes, um dieses gegebenenfalls beim Lospreschen o. ä. schnell in einen Zirkeln wenden zu können. Die Stute mußte sich zunächst an die Lage des Seils um die Hinterhand gewöhnen, was jedoch mit Marks ruhigem Arbeiten (während das Pferd auf einem kleinen Zirkel trabte, schwenkte Mark das Seil immer wieder vom über den Rücken liegend um die Hinterhand und wieder zurück) sehr schnell funktionierte. Sodann konnte die Stute, die ihre teilweise Unruhe in ruhiges Vorwärts wandeln konnte, auch mit ihrer Besitzerin mit vielen Handwechseln durch die Halle gelenkt werden. 

 

Anläßlich dieser Einheit fragte ich Mark, warum dieser nie lobt, weder durch Streicheln, noch durch Stimme. Mark erklärte, daß die Stute ohnehin sehr aufgeregt gewesen sei und er sie nicht noch weiter durch Stimmkommandos o. ä. ablenken wollte. Die Stute habe ihre Unruhe durch Vorwärts besser lösen können. Er selbst verwendet keinerlei Stimmkommandos bis auf ein Schnalzen, um dem Pferd dadurch deutlich zu machen, daß es mehr Vorwärts zeigen soll. Wenn jemand jedoch Stimmkommandos oder -lob oder Streicheln als Lob einsetze, sei dagegen nichts einzuwenden. Er selbst nutze es nur eben nicht. 

 

Insgesamt hat mir die grundlegend immer sehr ruhige Arbeitsweise gefallen. In jeder Einheit wurde vor allem an einem gearbeitet: an den Basics - und auch in einer Art und Weise, die reitweisenübergreifend ist. :-) Vieles, z. B. auch die Arbeit an der Nachgiebigkeit im Genick und Unterkiefer, ist aus der klassischen Reitweise bekannt (Stichwort: Francois Baucher). Ich konnte Mark zwar nicht in allen Ausführungen zustimmen (nicht folgen kann ich beispielsweise seiner Ansicht, daß auch alte Mustangs in freier Wildbahn senkrecht aufeinanderstehende Vorderzähne haben und nach vorne gerichtete Vorderzähne auf falscher Zahnbearbeitung beruhen), aber alles in allem war es beeindruckend, wie schnell die von ihm gegebenen Tipps fruchteten. Mark kann vor allem eines sehr gut lehren: Gefühl. 

 

Auch anläßlich des Reitkurses kamen mehrmals Fragen, wie Mark denn dieses oder jenes lösen würde mit diesem oder jenem - nicht anwesenden - Pferd. Hier erfolgte, wie im Aikido-Kurs auch, von der Mark der Hinweis, daß er dazu nichts sagen könne, denn er könne das Pferd nicht sehen und möchte beiden Parteien (Besitzer, wie auch Pferd) die Möglichkeit geben, zu zeigen, was das Problem ist. 

 

Sehr angenehm fand ich auch Marks Umgang mit konträren Fragen: warum er grundsätzlich keine elektrischen Geräte bei der Zahnbehandlung nutze(n lasse) oder warum er keine gebißlosen Zäumungen (bis auf einstweilen Sidepull oder Bosal) nutze, blieb er jedesmal ruhig und sehr höflich, respektvoll bei seiner Ansicht: darum. Er hat diese Erfahrungen gemacht. Punkt. :-) 

 

Notiert habe ich mir noch folgende Sätze, die mir - für mich - bedeutsam waren: 

 

  • Wenn das Pferd außer Balance ist, benutzt es mehr Muskulatur als eigentlich nötig. 
  • Das Pferd soll in jeder Arbeit mit ihm einen Vorteil für sich sehen. 
  • Nachgeben (z. B. mit dem Zügel) muß nicht sichtbar sein. 
  • Das Pferd muß zunächst "soft" sein, erst dann kann eine gute Reaktion erfolgen. 
  • Bei der Bodenarbeit: Setze nicht nur das Seil ein, sondern Deinen Körper. 
  • Gehe jedesmal an Dein Pferd heran, als ob Ihr keine gemeinsame Geschichte hättet - nimm nichts persönlich. 
  • Das Pferd hat Dich nicht abgebockt - Du bist heruntergefallen. 
  • Sag nicht "Nein!" - stell dem Pferd eine Aufgabe. 
  • Fokussiere Dich nicht auf das Problem (den Fehler), sondern auch die Lösung. 

 

Ich stehe nun auf der Warteliste für einen Kursplatz, um auch einmal mitreiten zu können.

 

:-) :-) :-) 

 

Gerret, Mark und ich
Gerret, Mark und ich

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