Bodenarbeitskurs mit Judith Mauss (s. auch www.judith-mauss.de).

Ich wollte schon länger mal meine Kommunikation mit Amor vom Boden aus verbessern. Beim Surfen im www wurde ich zufällig auf der HP von Judith fündig und sehe, daß ein Kurs bei uns um die Ecke stattfindet. Ein Plätzchen ist noch frei, und so melde ich mich mit Amor als aktive Teilnehmer an. Vorher hatte ich noch eine Freundin befragt, die bereits mal einen Kurs bei Judith absolviert hat und zufrieden war. Ansonsten war mir der Name zwar ein Begriff, ich kannte aber keine Hintergründe.

Da es sich um ein Tagesseminar handelt, welches auch erst um 09.30 Uhr am Sonntag losgeht, reisen wir erst morgens an. Amor steigt überraschend ganz alleine in den Hänger. *freu* Das fordere ich zwar immer, allerdings macht er das normalerweise nur, wenn Laika schon im Hänger steht. Sonst muß ich vorlaufen. Ich werte das mal als gutes Zeichen. Erst, als ich schon im Auto sitze, fällt mir ein, daß ich ihm gar nicht sein LmA-Likörchen zwecks Verladen gegeben habe. Aber siehe da: keine Randale (ok, auf dem Hinweg zu einem Kurs ohnehin sehr selten), alles geht gut. Nach nicht mal 30 Minuten kommen wir an, Amor bezieht einen riesigen Paddock und mampft gleich Heu.

Nachdem nach und nach die verschiedenen Teilnehmer (12 aktive) eingetroffen sind, geht es an eine kurze Vorstellungsrunde. Die meisten haben schonmals vor einigen Monaten beim Kurs teilgenommen. Wir werden in zwei Gruppen eingeteilt (gem. Judith in jene mit vielen und weniger "Betriebsstunden"), und die Fortgeschrittenen beginnen. Gut, so bekomme ich gleich mal einen Eindruck, was mich erwartet. Alle arbeiten mit Knotenhalftern und jeder hat den PP-Stick in der Hand. Aha. Ich bin gespannt.

Nach 1,5 Stunden sind dann wir dran. Judith will sich erst mal ein Bild von Amor und mir machen und guckt zu. Amor hat kein Knotenhalfter, sondern ein Geitner-Halfter und ich keinen PP-Stick, sondern meine Lobback-Handarbeitsgerte dabei (die Judith sehr gefällt *gg* und sie möchte wissen, so man die beziehen kann). Des weiteren sind wir mit einem langen Bodenarbeitsseil ausgestattet. Schließlich fragt sie auch, woran ich gerne arbeiten möchte. Also: Amor wird gern motzig beim Führen, speziell beim Spazierengehen. Dann kriegt er ein böses Gesicht, ganz schwarze Augen, legt auch mal die Ohren an, schnappt nach dem Strick, kaut drauf rum und kaspert im schlimmsten Fall böse hinter mir her und macht auf wildes, drohendes Pferd.

Zunächst einmal soll ich ihn wegschicken. Da hapst er schon nach dem Strick und schnuppelt an mir rum. Judith zeigt mir, wie ich konsequent zeige, daß er jetzt mal Abstand von mir halten soll: sie schickt in rückwärts und tippt, wenn er nicht sofort hierauf reagiert, mit der Gerte auf den Boden. Vor allem derartiger Gerteneinsatz ist mir ganz neu, aber ich bin beeindruckt, weil das funktioniert. Amor ist ganz perplex, steht dann mißmutig, aber aufmerksam 2 m neben uns.

Vor allem, wenn er dieses Gehapse (hach ja, ein Fehler meiner bisherigen Keks-Fütterung - das muß ich wirklich mal intensiv überdenken) zeigt, tippe ich mal mehr, mal weniger heftig mit der Gerte vor ihm auf den Boden. Sofort unterläßt er das. Cool. Mir gefällt an dieser Hilfe, daß ich nicht laut werden, mich großartig selbst in Szene setzen oder sonstwie auf's Pferd direkt einwirken muß. Vielmehr kann ich ganz gelassen dastehen und trotzdem zeigen: "Nein, so nicht!".

Weiter geht es mit den Übungen: die Hinterhand soll weichen, die Vorhand soll stehenbleiben. Wir sollen uns hierzu seitlich neben dem Pferd in Höhe der Sattellage aufstellen mit Blick zur Hinterhand. Die Hinterhand soll nur auf unsere Körpersprache hin weichen. Reicht ein Blick nicht, soll ich meinen Körper deutlicher einsetzen, also meinen einen Fuß stärker belasten, mich leicht über diesen nach vorne beugen und meinen Fokus so auf die Hinterhand richten, als wolle ich um den Schweif herumblicken. Dabei kan nich auch die Schulter noch deutlich einsetzen und diese leicht frontal zum Pferdehintern drehen. Nur, wenn das alles immer noch nicht reicht, soll ich mit der Gerte hinten leicht neben der Hinterhand auf den Boden klopfen. Amor weicht mit der Hinterhand. Das wird nach mehrmaligem Üben immer besser und schließlich reicht zwar kein Blick, aber zumindest meine Körpersprache.

Schon allein bei dieser Übung wird mir klar, auf wie viele Feinheiten man hier achten kann. Z. B. merke ich, daß Amor zwar auf meinen Blick zur Hinterhand nicht weicht, aber zumindest die Muskeln schon mal anspannt. Außerdem kann man natürlich sein Augenmerk auf verschiedenste Sachen lenken: die Westernleute möchten, daß ein Vorderhuf stehenbleibt, mir ist es lieber, wenn Amor schön mit beiden Vorderhufen im kleinsten Kreis herumtritt.

Das gleiche sollen wir dann auch mit der Vorhand machen, was wesentlich schwieriger ist. Zunächst nämlich muß das Pferd mal sein Gewicht mehr auf die Hinterhand bringen, weshalb der Kopf angehoben werden soll. Sobald man merkt, daß das Pferd nach hinten "schaukelt", verlangt man Stellung in Bewegungsrichtung. Dann denkt man seitwärts. Sollte das nicht reichen, kann die Gerte seitlich der weichenden Schulter eingesetzt werden, indem man die Gerte in der Luft gegen die Schulter rotieren läßt. Fehlt die Stellung, weicht das Pferd auch mit der Hinterhand aus. Aber auch das bekommen wir nach einigem Üben gut hin.

Noch eine Übung: das Pferd soll seitwärts gehen. Auch hierbei müssen wir auf die Stellung achten, damit auch ein gymnastischer Wert gegeben ist.

Die nächste Übung, der "Fächer": Ich stehe an der Bande, Amor ebenfalls rechts von mir. Ich soll ihn eine Gertenlänge rückwärts schicken. Hiernach hebe ich die linke Hand, die den Strick hält und verlange auf einen Zug von max. 20 g, daß er um mich rumläuft, ohne zu mir herzulaufen. Läuft er auf mich zu, halte ich ihn mir mit der Gerte auf Abstand. Das mißfällt Amor zwar, aber er macht trotzdem mit.

Dann werden die beiden Übungen verbunden: Amor läuft um mich herum. Kurz bevor er an der Bande wieder ankommt, gehe ich jedoch auf ihn zu und lasse ihn seitwärs an der Bande entlang vor mir herweichen. Irgendwann kann man hieraus mal ein schönes Konterschulterherein entwickeln.

Das reicht mir erst mal. Erstens bin ich schon vom Zuschauen recht durchgefroren, zweitens hab ich Hunger und drittens ist der Kopf schon ziemlich voll. Es gibt Mittagessen.

Mittags schauen wir wieder zuerst den Fortgeschrittenen zu. Nach 1,5 Stunden sind wieder wir dran. Wir überprüfen nochmals kurz die Übungen vom Vormittag und mixen diese nun; eine kombinierte Hinter- und Vorhandwendung: ich stehe auf Höhe der Sattellage und lasse die Hinterhand weichen, mache immer mehr Druck, bis die Hinterhand immer weiter von mir wegweicht und dadurch der Pferdekopf eher an meine Schulter heranrückt. Dann greife ich zum Halfter, hebe den Kopf an (das Pferd verlagert hierdurch das Gewicht nach hinten), stelle das Pferd im Genick und verlange, daß die Vorhand nun weicht. Überraschend klappt diese schwierige Übung bei Amor und mir sofort. Ich bewege mich allerdings zunächst auch nur in Zeitlupentempo, ganz nach dem Motto: weniger ist mehr. So habe ich vor allem mehr Zeit, mich selbst zu koordinieren und auch mich und meine Körpersprache zu achten und zu schauen, daß Amor auch wirklich um die Vorhand bzw. Hinterhand wendet und keine Mittelhandwendung fabriziert.

Zwischendurch mache ich immer mal Pause und schaue den anderen zu. Als ich dazwischen einmal versuche, Amor rückwärts zu schicken, steht Judith gerade neben uns. Sie meint, daß das auch ein wenig schneller und vor allem im Zweitakt passieren müsse. Hierbei versage ich kläglich, weshalb Judith übernimmt. Als Amor auch bei ihr auf deutlichere Körpersprache nicht reagiert (Judith macht sich groß, geht auf ihn zu), setzt sie vehement die Gerte auf dem Boden ein. Amor wird motzig. Und wie!!!! Herr Pferd steigt und springt zur Seite weg, schüttelt wild den Kopf und ist obermotzig.

Jetzt bin ich aber gespannt! Judith ist nicht überrascht, ruft nur: "Aha, jetzt geht es an's Eingemachte!". Sie treibt Amor deutlich rückwärts und ist erst zufrieden, als er ein wenig schneller und vor allem im Zweitakt rückwärts geht. Dann übergibt sie ihn mir. Sie wisse nicht, ob ich nun mit ihrer Reaktion auf sein Verhalten zufrieden sei, das sei eben ihre Methode. Ich bin aber ganz bei ihr, zumal sie weder rüde noch sonstwie auf Amor eingewirkt hat, ihm aber ganz konsequent gezeigt hat, daß seine Motzerei eben auch auf Contra stößt.

Dann bin ich dran. Rückwärts und zwar schneller und im Zweitakt, zwei Schritte genügen schon. Ich mache mich groß, mache mein Handzeichen für's Rückwärtsgehen und lege aber wesentlich mehr Ausdruck hinein, damit Amor weiß, daß das ein wenig schneller gehen muß. Zunächst kommt nur eine halblebige Reaktion. Ich witsche deutlich mit der Gerte auf den Boden. Uuuuups!!!! Pferd guckt mich überrascht an und wuselt im Zweitakt rückwärts. Aha! Auf Judiths Geheiß hin soll ich ihn jetzt auch gar nicht mit der Hand loben und streicheln, sondern lieber die Gerte zum Streicheln einsetzen, damit der Abstand gewahrt bleibt und er nicht wieder auf die Idee kommt, zu hapsen. Außerdem ist auch die Pause als Lob genug.

What a feeling! Wir waren mal wieder genau an dem Punkt angekommen, an dem ich vorher immer versagt habe: Amor macht zwar mit, aber nur bis dorthin, wo er möchte und es ihm nicht unangenehm wird. Verlange ich mehr, wird er motzig. Nun bin ich das erste Mal am Boden konsequent, ohne Gezeter und Aufregung meinerseits über diesen Punkt hinausgekommen. 

Judith gibt uns die nächste Übung auf, ein neuer Mix aus den vorherigen Übungen. Die beschreibe ich hier jetzt nicht, denn ist sie ziemlich kompliziert, so daß ich mindestens nochmal zwei Seiten schreiben müßte. Vielleicht hole ich das mal nach.

Als letzte Übung sollen wir schließlich das Pferd an unserer Schulter "andocken". Es soll immer mit seiner Schulter auf unserer Schulterhöhe bleiben, bei allen Richtungswechseln, bei allen Gangarten, allen Tempis. Das kennt Amor schon, und so bekommen wir das auch echt gut hin - bis zu dem Punkt, wo er halt mal ein bissele schneller laufen soll, als er möchte. Und er macht ohnehin schon wieder ein bitterböses Gesicht. Judith übernimmt und zeigt wie es aussehen soll. Dann darf ich wieder probieren: wir gehen linke Hand, ich habe den Strick in der linken, die Gerte in der rechten, also genau zwischen mir und Pferd. Wenn ich mich mit dem Oberkörper vorbeuge, soll Amor zuerst antreten, nicht ich den ersten Schritt machen. Gut, klappt. Will ich ein wenig schneller, soll ich den Oberkörper wieder etwas leicht vorbeugen und auch mit der linken Hand ein wenig nach vorne weisen. Wenn das nicht ausreicht, kommt ein leichter Klaps mit der Gerte in Schenkellage. Dabei darf Amor dann aber auch nicht überholen. Wenn er das tut, muß ich anhalten und ihn zurück korrigieren.

Das ist dann auch der Abschluß. Sowohl ich, als auch vor allem Amor ist totaaaaal feddich. Wir haben beide viel zum Nachdenken.

Die Rückfahrt verläuft problemlos. Einmal scheppert's kurz im Hänger, das war's aber auch. Hoffentlich kann ich mir das LmA-Likörchen ab sofort sparen. Zu Hause sacke ich absolut zerschossen auf dem Sofa zusammen, nehme vorsichtshalber ein Aspirin-Komplex und trinke zwei große Tassen Ingwer-Tee.

Fazit: so wie Judith schon angekündigt hatte, ist Bodenarbeit nicht Pille-Palle (wie ich vorher auch angenommen hatte...), sondern wirklich mindestens so anspruchsvoll wie Reiten. Ich habe eine Menge Denkansätze und Übungen bekommen, die ich weiter verfeinern kann. Das Highlight war natürlich das Durchsetzen gegenüber meinem Pferd ohne Schläge, Gezeter oder Lautwerden. Außerdem ist das eine wunderbare Beschäftigung für uns über die dunkle Jahreszeit, da ich das ja auch zu Hause auf dem Paddock üben kann.

Es ist ein Folgekurs geplant, an dem ich, sofern ein Plätzchen für mich als Externe frei ist, gerne wieder dabei bin.

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