27./28.09.2014 - Reitlehrgang Sitzschulung und Alexander-Technik
Am 26.09.2014 packen wir meine beiden Rösser in den Pferdeanhänger. Es geht mal wieder nach
Graben-Neudorf zur Hardt-Ranch, wo am Wochenende ein weiterer von mir organisierter Kurs mit Jenny Neuhauser (s. www.jennyneuhauser.ch) "Sitzschulung mit
Elementen aus der Alexander-Technik" stattfinden wird. Diesmal schon zum vierten Mal. Die Fahrt verläuft bis auf einen kurzen Stau ruhig. Auf der Hardt-Ranch angekommen beziehen die Jungs zwei
nebeneinander liegende Gitterboxen. Das Heu wird erst einmal verschmäht - schließlich war man den ganzen Tag auf der Weide und ist wohl "müdegefressen". Ich baue noch meine
Kursteilnehmer-Verpflegungsstation im Reiterstübchen mit kalten und warmen Getränken auf, dann gehts weiter zum Hauptbahnhof Karlsruhe, um Jenny vom Zug abzuholen.
Samstags morgens ist um 08.45 Uhr Kursbeginn. Jenny stellt sich den beiden neuen Teilnehmerinnen vor
und erklärt nochmals ausführlich das Wer, Was, Wie, Wo, Warum der Alexander-Technik (nachzulesen bei meinen älteren Kursberichten!). Auch mir tut es gut, das alles nochmals zu hören - so kommen
alle Aspekte nochmals zurück ins Gedächtnis, z. B. die Prinzipien "Primärkontrolle" und "Innehalten", insbesondere das Durchbrechen unnützer Gewohnheiten und die Etablierung neuer Alternativen.
Interessant wird es, als wir nach einer kurzen Pause ins Freie (nämlich in den schönen Sonnenschein) wechseln und dort verschiedene Übungen absolvieren: im Stehen sollen wir den Scheitel nach
oben wachsen lassen, auch versuchen zu erspüren, was passiert, wenn wir die Arme ausstrecken und in Richtung Himmel heben. Ziehen wir automatisch die Schultern mit nach oben (was ja nicht nötig
wäre)? Was machen unsere Knie? Später dann: wie kann ich mich körpergerecht hinsetzen und wieder aufstehen? Zum Schluss gibts eine neue Übung, die ich bisher noch nicht kannte: wir stehen alle
hinter einem Stuhl, beugen Fußgelenke, Knie und Hüfte (fast quasi, als säße man auf einem Pferd), der Kopf bleibt in Verlängerung der Wirbelsäule und fällt nicht nach vorne, die Hände greifen die
vor uns befindliche Stuhllehne und üben nur gerade soviel Zug nach oben und außen aus, als wollten wir den Stuhl anheben. Es gibt viele Fragen und schon ist der Vormittag mit den theoretischen
Erklärungen und Übungen ohne Pferd schon vorbei. Es gibt Mittagessen vom Pizzaservice.
Nachmittags gehts mit den ersten gerittenen Einheiten los. Ich habe mich entschieden, zunächst Amor zu
reiten; Kurti wandert derweil mit Gerret durch die Halle und hat so schon einmal Gelegenheit, sich nochmals alles anzusehen und sich die Beinchen zu vertreten. Wie beim letzten Kurs ermahnt mich
Jenny, dass ich Amor ruhiger, ruhiger, ruhiger laufen lassen muss. Er benötigt Zeit, seine Schritte zu machen, er soll schreiten und nicht zuckeln oder tippeln. Das ist für mich mental ziemlich
anstrengend, denn ich bin ständig der Meinung, dass wir so nur durch die Gegend schleichen. Wie war das: alte Gewohnheiten durchbrechen? Jenny gibt mir Anweisungen: ich soll nicht mit dem Becken
schieben, ruhig, ruhig, ruhig sitzen, locker, ich soll Amor gleiten lassen, an einen Katamaran denken, der auf ruhiger See übers Wasser gleitet. Vor allem diese Vorstellung gefällt mir sehr gut.
Mein Scheitel soll nach vorne/oben die Bewegung anführen, die Nase fällt, die Ellenbogen bleiben locker an meinem Körper, mein Becken sinkt in den Sattel, auch die Lendengegend ist locker, aber
gedehnt, meine Knie können nach vorne nachgeben, meine Fußgelenke ruhen auf den Steigbügeln, üben keinen Druck aus, fangen nur das Gewicht meiner Beine auf. Ich versuche immer wieder an den
Katamaran und zeitgleich an Pudding zu denken. ;-) Immer wieder bin ich baff, dass Jenny sofort erkennt, wenn ich - vermeintlich innerlich - loslasse; sie lobt sofort. Wie sieht sie das nur???
Ergebnis: Amor schreitet. :-)
Schon im Schritt gehen wir zu einer interessanten Übung über: ich soll Amor im Quadrat reiten, will
heißen: mindestens zweiter Hufschlag, immer geradeaus, in den Ecken führe ich die Vorhand ähnlich einer Pirouette, dann gehts wieder geradeaus. Die Wendung erfolgt über das innere Hinterbein
(phantastisch: ich spüre das!!!!!!) Wir üben das Zusammenwirken des inneren Schenkels mit dem äußeren Zügel. Es heißt ja auch immer: führe das Pferd am äußeren Zügel. Also lege ich in jeder Ecke
den äußeren Zügel an Amors Hals an. Der innere Zügel behält ihn nur in der Stellung. Weißt der äußere Zügel zu stark oder zu lange um die Wendung, muss ich das Pferd mit dem inneren Bein
auffangen. Gleichzeitig kann ich das Pferd auch, sollte es z. B. unaufmerksam oder zu schlurig werden, mit dem inneren Schenkel wieder weiter nach vorne schicken, die Bewegung erhalten. Als das
gut klappt, soll ich wieder auf den Zirkel gehen. Auch dort soll ich Amor am äußeren Zügel wenden, denn im Prinzip ist ein Zirkel nichts anderes als viele, viele kleine Wendungen am Stück. So
habe ich das noch nie betrachtet. Und tatsächlich: wow, das klappt! Sehr deutlich wird hierbei auch Amors natürliche Schiefe. Amor ist links hohl, das heißt, er lässt sich lieber nach links
stellen und biegen als nach rechts. Gleichzeitig fällt er gerne auf die rechte Schulter. Deshalb muss ich darauf achten, sein Gewicht immer von der rechten Schulter zu holen, ihn auch linke Hand
tendenziell gerader oder sogar in leicht angedachter Außenstellung zu reiten, bis er gelernt hat, geradegerichtet auch auf gebogenen Linien zu laufen. Im Schritt klappt das ja prima, im Trab
haben wir dann sogleich unsere Problemchen. Doch anhand der Videoaufnahmen, die Gerret (zwar beeinträchtigt durch Herrn Kurt, dem die Kamera auch immer sehr gefällt und der mit durch den Sucher
gucken will *gg*) von uns macht, sehe ich, dass das wirklich gar nicht so schlecht aussieht. Wir heimsen auch ein Lob von Jenny ein: die Linienführung wäre schon viel besser. Beim letzten Mal war
alles viel Wuseliger. So auch im Galopp, den wir zum Schluss kurz hinzunehmen. Ich merke selbst, wie ich Amor etwas besser auf der Zirkellinie halten kann. Priiiimaaa!!!
:-)
Später ist dann Kurti dran. Bei ihm habe ich gebeten, mir hinsichtlich des Fallenlassens seines Halses
und beim Traben zu helfen. Jenny ist es wichtig, dass ich immer wieder leicht Verbindung über die Zügel zum Maul aufnehme und ihn immer wieder dazu einlade, sich zu dehnen, dann auch schön
sukzessive nachgebe. Hierbei kaut der große Kleine auch immer wieder schön. Wir gehen viel ganze Bahn, wobei ich auf leichte Innenstellung achten soll. Aber auch hier: der äußere Zügel führt. Als
es nach ausführlichem Aufwärmen ans Traben geht, offenbart sich mal wieder Kurtis Denke: er könnte ja schon traben, aaaaber: wozu soll das denn gut sein, immer so im Kreis in der Halle herum? So
bleibt er meistens immer nach einer Runde stehen. *gg* Schlaues Getier! ;-) Jenny hilft schließlich mit einer kurzen Longierpitsch nach, und so können wir auch einmal zwei Runden ganze Bahn
traben. Auch hierbei erhalte ich viele Anweisungen, Jenny lässt uns in keiner Sekunde allein. Wichtig ist dann auch: ich pariere durch, nicht Herr Kurt. Und schließlich könnte ich auch im Trab
immer wieder leicht den Zügel aus der Hand kauen lassen - wenn ich nicht zu fixiert darauf wäre, Kurti in Bewegung und im Trab zu behalten. Trotzdem bin ich mit Kurtis erster Einheit sehr
zufrieden, weil er sehr ruhig blieb und wir schön arbeiten konnten.
Abends gehts zum Griechen, lecker Lammspieß essen, zu Hause fallen wir recht schnell ins
Bett.
Am Sonntag klingelt um 07.00 Uhr mein Wecker, um 08.00 Uhr gibts Frühstück, um 09.15 Uhr gibt Jenny
die erste Einheit auf der Hardt-Ranch. Ich bin mit Amor wieder als Zweite dran. Auf meinen Wunsch hin wiederholen wir das Gestrige nochmals, damit sich diese
Äußerer-Zügel-innerer-Schenkel-Geschichte schön bei mir im Unterbewusstsein verankert. Im Prinzip wiederholen wir wieder die Quadrat- und Zirkelübung von gestern, so dass ich mich nochmals
intensiv einfühlen kann. Außerdem bekomme ich viele Anweisungen zum Lockerlassen im Sitz, und wieder fällt mir etwas ganz eklatant auf:
Im Prinzip sollte der Reiter so im Sattel sitzen, wie er auch möchte, dass das Pferd
läuft:
Das finde ich eine total tolle Vorstellung, die mir immer wieder in den Sinn
kommt.
Nachmittags ist dann wieder Kurti dran, der auch vormittags wieder mit Gerret durch die Halle laufen
konnte. Mittags hat Gerret dafür Amor an der Backe - und der ist hinsichtlich Kameraführung auch nicht unbedingt ein Ass. Immer wieder wackelt das Video, wie wenn ein Erdbeben wäre.
*gg*
Auch bei Kurti wiederholen wir zunächst auf ganzer Bahn nochmals das Zügel-aus-der-Hand-kauen-lassen,
das Dehnen und nehmen schließlich die Quadratvolte hinzu, die bei ihm natürlich nicht so akurat wie bei Amor klappt. Aber ich kann eine leichte Ahnung erspüren, wie Kurti sich Mühe gibt. Das
Traben fällt heute ähnlich aus wie am Vortag. Kurti könnte schon, aber wollen... Tja, da muß ich noch besser Überzeugungsarbeit leisten. Meine Hausaufgaben diesbezüglich von Jenny: ich bestimme
die Richtung, die Gangart und das Tempo, wirke nur dann ein, wenn ich daran etwas ändern möchte. Also gut.
Als die Nachmittagseinheiten vorbei sind, gibts noch eine sehr ausführliche Abschlussbesprechung.
Jeder darf nochmals fragen, und ich lasse mir - der guten Ordnung halber und lieber einmal zuviel als zu wenig - nochmals die Wirkungsweise des äußeren Zügels und des inneren Schenkels und die
Sache mit der Geraderichtung erklären. Gut, dass meine beiden Jungs beide links hohl sind. Brauche ich also nicht umdenken. ;-)
Fazit: Jenny konnte einige meiner theoretischen Knoten im Kopf lösen und gab viele Anregungen und
Tipps. Vom Reitersitz her bin ich auch weitergekommen, was ich auch auf den Videos sehen konnte. Im nächsten Jahr gehts definitiv weiter mit diesem tollen Reitunterricht!
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