Longenkurs mit Babette Teschen am 10./11.08.2013

 

Da Kurti nun fast 3,5 Jahre alt ist, will ich mich intensiver mit dem Longieren befassen. Mir ist eine für das Pferd gesundheitlich förderliche Ausbildung wichtig, und so wurde ich schon vor längerer Zeit auf den von Babette Teschen entwickelten „Longenkurs“ aufmerksam (s. www.wege-zum-pferd.de ). Hier wird das Pferd durch vorbereitende Übungen an der Hand in die Lage versetzt, physiologisch gesunderhaltend auf dem Zirkel zu laufen und somit Muskulatur aufzubauen, die es auch unter dem Reiter benötigt, um diesen ohne körperlichen Schaden zu nehmen tragen zu können. Babette kommt schon seit einigen Jahren regelmäßig zu den Pferdefreunden Kirchheimerhof (s. www.pferdefreunde-kirchheimerhof.de ) in die Nähe von Heidelberg, so daß es sich angeboten hat, Kurti dort zu einem Wochenendlehrgang mitzunehmen. Gleichzeitig ist es seine erste Unternehmung ohne Kumpel Amor. Ich erwarte mir nicht zu viel, zumal die Einheiten, die ich mit Kurti absolvieren kann, zeitlich noch recht kurz sind, da er sich als Jungpferd noch nicht allzu lange konzentrieren kann. Mein Hauptaugenmerk liegt mehr auf einem verständigen Miteinander, daß er sich auch alleine mit mir in ungewohnten Situationen wohl fühlt und Spaß hat. 

 

Ich habe mir für den Freitag Nachmittag Urlaub genommen, damit alles mit sehr viel Ruhe vonstatten gehen kann. Gerret wird uns begleiten, da er mich – mal wieder – nicht alleine Hängerfahren lassen möchte. Gepackt haben wir alles schon am Donnerstag Abend. So brauchen wir am Freitag nur gemütlich zum Stall zu fahren, Kurti wird nochmals geputzt, dann hängen wir den Pferdeanhänger an, in den Kurti auch ohne Probleme umgehend einsteigt. Er und Amor, der das Wochenende über 24 Stunde auf der Weide bleiben darf, wiehern sich zum Abschied mehrmals zu, dann geht es los. Die Anfahrt, eine knappe Stunde, ist schnell vorüber. Von Kurti hört und merkt man nichts. Angekommen bei den Pferdefreunden Kirchheimerhof, etwas außerhalb von Kirchheim in der unmittelbaren Nähe von Heidelberg, werden wir von Sonja in Empfang genommen, Kurti bezieht eine mit Stroh eingestreute Innenbox und kann sogleich sein bereitliegendes Heu mampfen. Ich könnte ihn auch noch für eine Weile auf den Paddock stellen, möchte aber, daß er lieber erst einmal nach der Hängerfahrt „ankommt“. Zwei Boxen weiter stehen schon Boxennachbarn, die er aber aufgrund ihrer Größe nicht sehen kann: zwei Mulis in Shettygröße, die ebenfalls am Longenkurs teilnehmen. Seine direkten Boxennachbarn, eine Ponystute und ein Warmblutwallach kommen wenig später ebenfalls an.   

 

Gerret und ich fahren noch kurz zur 6 km entfernten Pension, um einzuchecken und unser Gepäck zu verstauen, dann liefert Gerret mich wieder am Hof ab, weil ich am Theorieabend teilnehme. Zunächst gibt es eine kleine Vorstellrunde, dann steigt Babette mittels Laptop und Beamer anschaulich in die Longenarbeit ein. Erklärt werden die Ziele des Longenkurses und warum man mit dem Pferd auf diese Ziele hinarbeiten sollte: das Pferd soll mit aufgewölbten Rücken und angehobenen Schultern mit der Hinterhand Last aufnehmen. Dies lernt es durch Stellung und Biegung, wodurch es aber auf einer Kreisbahn nicht wie ein Motorradfahrer in den Kurven liegen darf, sondern wie eine Eisenbahn spurtreu aufrecht läuft. Wir bekommen viele Bilder mit vielen eingezeichneten Linien zu sehen, die uns sehr genau vermitteln, worauf man achten muß. Leider, leider verabschiedet sich die Technik nach einer Stunde: der Mac-Akku macht schlapp. Babette versucht noch mit herbeigerufener Hilfe etwas zu retten, was jedoch leider nicht funktioniert, so daß wir nach dem vorzeitig eingeschobenen Abendessen um 21.30 Uhr in die Reithalle wechseln und am lebenden Objekt fortfahren, wobei sich das lebende Objekt, das Pferd von Sonja, schon sichtlich in Feierabendstimmung befindet und merklich unmotiviert, wenn auch sehr brav ist. Gegen 22.30 Uhr ereilt auch uns diese Bettschwere, so daß wir in Vorfreude auf den kommenden Tag Schluß machen. Kurti hat derweil auch endlich mehrmals geäppelt, worum ich mir etwas Sorgen gemacht hatte.   


Für den Samstag sind pro aktiv teilnehmendem Pferd zwei jeweils halbstündige Einheiten vorgesehen. Wir Menschlein treffen uns zunächst zum Frühstück. Dann bringe ich Kurti auf den Paddock, damit er sich ein wenig die Beine vertreten kann. Dort steht er in Sichtweite zu Pferdegesellschaft und wirkt sichtlich zufrieden. Die Nacht hatte er sich auch hingelegt – sieht alles gut aus. Nachdem ich seine Box gemistet habe, schaue ich bei einigen Teilnehmern zu, dann sind wir dran. Kurt ist ganz ruhig, gelassen, aber aufmerksam und schaut sich alles genau an. Er trägt seinen Kappzaum mit Bodenarbeitsseil. Ich stelle uns nochmals kurz vor, teile auch mit, daß er ein Flaschenkind und damit ein sehr oralfixiertes Pferd ist und wir hinsichtlich Longieren noch nicht arg viel gemacht haben. Er weiß, daß er an der Longe um mich mit Abstand herumlaufen soll, beim Antraben haben wir Probleme.

 

Auf einem kleinen Zirkel stehen blaue Pylonen, die wir umranden sollen. Ich soll zunächst neben ihm innen herlaufen, meinen Körper in Laufrichtung ausgerichtet, dann immer wieder antesten, ob ich meine äußere Hand an den Kappzaum und letztlich auf seine Nase legen und festhalten darf. Die innere Hand trägt den aufgeschlauften Bodenarbeitsstrick und die Gerte, mit der ich ihn treiben, auf Abstand halten oder die Schulter anheben kann. So kann ich dann am besten auf eine korrekte Stellung hinarbeiten. Die ersten paar Runden klappt das ganz gut, dann fängt Kurti an, nach dem Strick zu hapsen. Ich vermute eine Übersprungshandlung aufgrund der doch ungewohnten, neuen Situation. Also gehen wir einen Schritt zurück und schauen, daß Kurt schön auf ca. 1 m Abstand neben mir herläuft, ohne näher zu kommen. Immer wieder soll ich mich dann mit meiner äußeren Hand näher an den Kappzaum heranfühlen.   


Ich habe Koordinationsprobleme: ich muß meinen Körper in Bewegungsrichtung austariert lassen, auch meine Füße sollen nicht überkreuzen, sondern geradeaus gehen, Gerte und Strick halten, mich langsam an den Kappzaum herantasten, Kurti auf Abstand halten, mal treiben, mal ihn mir vom Leib halten, damit er mir nicht auf die Füße tritt und dann auch noch schauen, daß er nicht in den Strick hapst. Ach ja, und die Pylonen stehen ja auch noch im Kreis, den ich eigentlich laufen soll. Uff...

Erste Führübungen am Kappzaum
Erste Führübungen am Kappzaum
Auch Babette hat Mühe
Auch Babette hat Mühe

Damit es Kurt nicht zu langweilig wird, soll er schließlich antraben, ich soll mit wenig Abstand nebenherlaufen. Na, da bin ich gespannt. Das haben wir nämlich zu Hause noch nicht so hinbekommen. An der Hand beim Spazierengehen, ja. Aber an der Longe im Kreis. Mmmh. Tatsächlich trabt Kurti auch an, findet das aber doof und startet dann mehrere Frontalangriffe, indem er auf mich zukommt. Das ist auch nicht böse gemeint, eher spielerisch, aber das darf er natürlich nicht. Ich soll ihn mittels Gerte, die ich an der Schulter einsetze, auf Abstand halten, Babette läuft hinterher und touchiert notfalls die Hinterhand, damit er im Trab bleibt. Eine schweißtreibende Arbeit, bei den warmen Temperaturen ohnehin. So lala bekommen wir das dann hin und schließen nach 30 Minuten ab. Er darf in seine Box, die nächste Portion Heu fressen und ich muß mich erst mal frisch machen.

 

Nach dem Mittagessen stelle ich Kurt wieder auf den Paddock und schaue bei den anderen Teilnehmern zu. Es gibt viel zu sehen. Babette macht uns immer wieder auf diverse Sachen aufmerksam, damit unser Blick geschult wird. Das rächt sich schließlich, als wir am Spätnachmittag wieder dran sind, denn eigentlich ist meine Konzentration da schon fast aufgebraucht. Diesmal liegen die blau-gelben Geitnergassen in einer Quadratvolte, durch die Kurti laufen soll. Das bekommen wir im Schritt ganz gut hin, ich arbeite mich auch immer mal wieder mit der Hand an den Kappzaum vor, aber nach wie vor hapst er arg. Also nehmen wir den Trab hinzu. Babette touchiert wieder notfalls hinten, ich halte Kurti auf Abstand. Naja, noch alles nicht so das Wahre. Es geht einzig und allein darum, ihm zu zeigen, daß er trabt, trabt, trabt. Aber wir werden so genau da abholt, wo es zu Hause bislang haperte. Das Touchieren findet er blöd. Er kickt ein paarmal nach der Gerte, steigt einmal sogar ansatzweise, was ich gelassen ignorieren kann. Aber wir bleiben am Ball, loben jeden kleinsten Ansatz und lassen es dann auch gut sein, nachdem es ein wenig besser geklappt hat.

Traben ist doooooof
Traben ist doooooof

Auch nach der zweiten Einheit bin ich kurz vor dem Zerfließen. Und mein Kopf ist voll, voll, voll. Ich parke Kurti noch ein wenig auf den Paddock – die Nacht in der Box wird noch lange genug - und setze mich zu ihm. So sitze ich mindestens eine Stunde, habe aber das Gefühl, daß es trotzdem ganz gut war. Nach dem gemeinsamen Abendessen holt Gerret, der den Tag in der Sauna und im Freibad verbracht hat und am Spätnachmittag noch zu Hause bei Amor war, um nach dem Rechten zu schauen, mich ab und wir fahren in die Pension.

Durch die Geitner-Gassen
Durch die Geitner-Gassen

Am Sonntag gibt es wieder ein gemeinsames Frühstück, währenddessen Babette von ihrem Hund erzählt, der immer so aufdringlich war, daß sie ihn schließlich einmal mit Wasser aus einer Trinkflasche angespritzt hat – was half. Er ist seither manierlich und nicht mehr allzu stürmisch. Ich horche auf und überlege, ob das was für Kurti wäre? Ich bespreche das mit Babette und wir beschließen, das im Notfall mal zu probieren, denn es ist sicherlich freundlicher, als mir Kurti ständig – und damit abstumpfend – mit der Gerte vom Leib zu halten. Am Sonntag ist auch für jeden aktiven Teilnehmer nur noch eine Einheit geplant, die aber mit 45 Minuten angesetzt ist. Ich miste noch Kurtis Box, dann schaue ich wieder bei den anderen zu.  

 

Kurti hat den Vormittag nach dem Frühstück auf dem Paddock verbracht. Ich merke gleich als wir dran sind, daß er heute manierlicher ist. Das Hapsen tritt nicht mehr so massiv auf wie am Vortag. Also doch eine Übersprungshandlung. Gleich zu Anfang dieser Einheit gibt’s auch mein Kurshighlight: die beiden Mulis, die vor uns dran waren, verlassen die Halle, Kurti schaut ihnen hinterher, bleibt aber total gelassen und brav und achtet auf mich. Ich bin einfach nur happy! Kurti bekommt heute einmal den von Babette entwickelten Kappzaum auf, weil ich gestern bemerkt habe, daß unserer doch – in heftigen Situationen – ins Rutschen gerät. Auf dem Zirkel liegen wieder die Geitner-Gassen als Quadratvolte, durch die ich Kurti führe. Heute klappt auch endlich das Führen mit der Hand an Kappzaum und Nase und ich kann anfangen, langsam das Führen in Stellung abzufragen. Wir gehen dann auch einmal an der Bande ganze Bahn, wobei ich außen laufe, Kurti soll in Außenstellung gehen. Uff – da muß ich schon wieder deutlich mehr auf meine Füße aufpassen. Ich soll Kurti auch immer wieder am Streßpunkt Nr. 2 am Hals, den mir Babette gezeigt hat, mit dem Finger anstupsen (mein Finger tut weh!!!), damit er auf Abstand bleibt und auch im Hals nachgibt.

 

Dann geht’s ans Traben durch die Quadratvolte. Kurti wird wieder fröhlich-heftig, weshalb ich nach 1, 2 Versuchen nach einer Flasche Wasser verlange. Babette und ich sprechen ab, daß sie mit der Touchiergerte wie gestern hinter uns herläuft, damit Kurti im Trab bleibt, notfalls auch die Wasserflasche einsetzt. Als Kurti das nächste Mal auf mich zustürmen will, bekommt er einen erfrischenden Spritzer Wasser ins Gesicht – und bleibt überrascht stehen, guckt ungläubig und flehmt. :-)))) Hiernach wird es gleich viel manierlicher. Man merkt ihm zwar immer noch an, daß er Traben irgendwie doof findet, aber es klappt schon besser. Er versucht noch zweimal während der anschließenden Runden auf beiden Händen zu mir herzudrängeln, bekommt jeweils eine Ladung Wasser ab. Dann: klappt'et! So komme auch ich einmal dazu, wieder mehr auf mich und meine Körperausrichtung zu achten: in Bewegungsrichtung laufen, locker, nicht verkrampft, die Füße nicht überkreuzen, insbesondere Schultern und Hände nicht anspannen, auch die longenführende Hand soll nicht krampfen, sondern locker aus der Schulter fallen, damit sie feine Signale geben kann. Als er auf beiden Händen schließlich wirklich sehr schön mehrmals durch die Quadratvolte getrabt ist, gibt es ganz viele Kekse und wir hören nach insgesamt knappen 30 Minuten auch schon auf.

Hä?
Hä?

Babette führt hiernach zwar immer wieder ins Feld, daß sie gar kein Freund von derartigen Maßnahmen ist, es aber sicherlich deutlich angenehmer fürs Pferd und die zukünftige Arbeit war, als dauernd mit der Gerte an der Schulter bearbeitet zu werden. Ich bin wirklich der Meinung: geschadet hat es Kurti sicherlich nicht. Er war auch hiernach weiterhin offen und keinesfalls bedrückt oder agressiv. 

 

Sehr zufrieden kommt er für seine Mittagsportion Heu in die Box und den restlichen Nachmittag auf den Paddock, während wir in der Halle noch einige Trockenübungen absolvieren: einer ist das Pferd, der andere der Longenführer. Wir sollen testen, wie sich Dauerzug oder Annehmen/Nachgeben, etc. anfühlt. Nach dem Mittagessen schaue ich noch bei den restlichen Teilnehmern zu, dann gibt’s um 17.00 Uhr eine Abschlußbesprechung. Gerret ist auch wieder da. Er hat auch heute nochmals ausgiebig sauniert. Ich auch, nur anders... ;-) 

 

Gegen 18.00 Uhr laden wir einen braven Kurti in den Hänger und fahren Richtung Heimat, wo wir um 18.50 Uhr am Stall von einem uns entgegenwiehernden Amor empfangen werden. Die beiden dürfen noch eine Stunde auf die Weide, bis wir alles aufgeräumt haben.

 

Fazit:

 

Mir hat der Kurs sehr, sehr gut gefallen. Nette Leute, tolle Verpflegung und Unterbringung fürs Pferd mit Auslauf im Paddock und eine motivierte Babette. Zwar konnten wir beileibe nicht soviel machen, wie die anderen mit ihren älteren Pferden. Aber darauf kam es mir auch gar nicht an. Ich habe anläßlich dieses Kurses gemerkt, daß Herr Kurt sich doch schon an mir orientiert und auf mich achtet. Immer, wenn ich ihn von außerhalb des Boxenstalles gerufen und in deutlicher Entfernung an seinem Paddock vorbeigelaufen bin, hat er mir zugewiehert und geschaut, wo ich bin. Gut war auch, daß mit dem Hapsen doch nochmals alte Baustellen aufgebrochen sind, die ich eigentlich schon als abgearbeitet verbucht hatte. Das Schönste war, daß es für ihn ok war, mit mir alleine in der Halle zu bleiben, ohne andere equide Gesellschaft. Wir konnten auch da anknüpfen, wo ich zu Hause an der Longe ins Stocken gekommen war: beim An- bzw. Durchtraben. Mit Stellung und Biegung und allem anderen konnten wir zwar noch nichts anfangen, aber das kommt noch. Ich habe mich nämlich schon auf der Heimfahrt für einen der nächsten Kurse mit Babette bei den Pferdefreunden-Kirchheimerhof in 2014 angemeldet. ;-) 

Pause auf dem Paddock
Pause auf dem Paddock

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