Mein Punkti im November 2017
Mein Punkti im November 2017

01.02.2018

 

Wenn man loslassen muß...

 

Mein lieber Punkti, 

 

nun ist es schon fast zwei Wochen her, daß Du ruhig eingeschlafen bist. In den letzten sechs Wochen vorher hatte ich so sehr gehofft, daß wir nun endlich die Kurve bekommen haben und Du nachhaltig schmerzfrei wirst laufen können. Eine Vorahnung, daß dem nicht so sein würde, bekam ich Ende Dezember, als ich erkennen mußte, daß Du im Trab noch unheimliche Schmerzen hattest, im Schritt aber weitgehend lahmfrei warst - dachte ich zumindest.

 

Als wir Dich und Amor dann Anfang Januar zu Petra und Harry Schöner auf den Quellberghof gebracht haben, merkte ich schon beim Ausladen aus dem Pferdeanhänger, daß Dir Dein Spatbein schon wieder weh tut. War die Hängerfahrt zuviel gewesen? Auch in Deiner sogar für Deine Größe mehr als geräumigen Box mit schönem Paddock hast Du plötzlich hin und wieder leichte Schmerzen angezeigt. Einen Tag später wollten wir dann für eine erste Bestandsaufnahme mit Dir in die Reithalle, wobei eine kurze Steigung zu überwinden ist. Hier warst Du sofort komplett lahm, wolltest gar nicht wirklich vorwärts gehen. Das war für mich völlig überraschend, denn leider sind wir mit Dir zu Hause ja seit einem halben Jahr nie mehr wirklich weit genug vom Stall, um den rundherum alles flach und eben ist, entfernt gewesen, um das Problem bergauf zu bemerken.

 

Nachdem sich herausgestellt hat, daß das auch keine Eintagsfliege war, habe ich erneut den Tierarzt gerufen. Einen Tag später waren wir mit Dir und Amor kurz spazieren, und auf ebener Fläche sah es weiterhin gut aus. Als Du dann aber eine minimalste, fast nicht als Steigung zu erkennende kurze Strecke von 10 m nicht mehr hochlaufen konntest, wußte ich, daß ich eine Entscheidung treffen muß. 

 

Ein Pferd ist für mich ein Lauf- und ein Fluchttier. Es muß ohne Schmerzen laufen können - und nicht nur unter Schmerzmitteln. Die hast Du seit einem halben ständig und teilweise auch in sehr hoher Dosis benötigt und selbst Cortison hat nicht geholfen. Wir Menschen beschneiden das Wesen und die Natur des Pferdes durch unseren Wunsch nach Reiten und den Umgang mit Pferden schon so weit, daß es mir immer wichtig war, meinen Pferden in den Stunden, in denen ich nicht bei ihnen bin, eine so artgerechte Haltung wie möglich zu bieten. In dieser sollen sie schmerzfrei laufen, springen, spielen, ruhen, fressen können, wie sie möchten. Doch wenn so etwas nur unter ständigem Einsatz von Medikamenten möglich ist, obliegt mir die Verantwortung, pro oder contra dieser Natur zu entscheiden.

 

An Deinem letzten Tag waren wir schon früh mittags bei Dir, haben Dich geputzt, mit Dir und Amor geredet, haben Dich geknuddelt. Als der Tierarzt dann kam, warst Du ganz ruhig. Ich habe meine Hand an Deine Nüstern gelegt, was Du sonst immer gar nicht so wirklich leiden mochtest. Aber Du hast stillgehalten, weil Du wußtest, was passiert und daß ich da bin. Dann bist Du eingeschlafen. 

 

Schon an diesem Nachmittag haben Gerret und ich uns gemeinsam mit Dir und Amor an so viele Dinge erinnert, die wir mit Dir erlebt haben. Dein einnehmendes Wesen, wenn jemand in "Deinen" Stall kam und Du erst mal klarstellen mußtest, wer hier der Größte ist. Oder die Dir eigene Logik beim Fressen aus dem Heutoy, in dessen Aufhängung Du immer gebissen hast, um ihn hochzuwerfen, damit drei Hälmchen Heu herausfallen (und beim Herunterfallen der ganze Stall gewackelt hat...), die Du dann aufsammeln konntest. Dein Vorschlag beim Putzen, daß Du erst dann am Ellenbogen geputzt werden möchtest, wenn Du das Bein selbstständig ein wenig vorstellst. Wir haben darüber gelacht, wie Du immer über die Weide gesportelt bist und nach dem Wälzen Schulsprünge wie Terre à Terre oder Capriolen gezeigt hast, Du Witzbold. Dein Nuckeln, mit dem Du nach noch einem Keks gebettelt hast - da stehen fast 800 kg Kaltblut vor einem und nuckeln Dich wie ein Baby an. Deine große Neugier, die sofort über etwaiges Erschrecken siegte, wenn Du etwas Unbekanntes entdeckt und Dich zunächst höchstpersönlich darüber echauffiert hast. Oder Dein Gesicht und Deine Schnute, die Du gerne wie ein Tapir verzückt verdreht hast, wenn ich Dich fest hinter dem Schulterblatt gekratzt habe.

 

Ich habe so vieles von und mir Dir gelernt, dafür bin ich sehr dankbar. Du warst mein erstes Jungpferd und ich glaube, ein besseres hätte ich für mich als Jungpferde-Neuling, gar nicht finden können. Du hast mir vor allem beigebracht, ruhig abzuwarten, geduldig zu sein und meinem Gegenüber zuzugestehen, eine eigene Entscheidung zu treffen. Denn selbst, wenn Du eine Aufforderung oder Frage von mir erst einmal blöd fandest, hast Du es dann doch gemacht, wenn ich Dir die Möglichkeit gegeben habe, selbst zu entscheiden. Ich habe von Dir gelernt, mit Energie umzugehen, daß Pferd und Mensch immer eine Einheit von 100 % ergeben sollten. Hat einer zuviel, muß der andere nachgeben und umgekehrt.

 

Ich dachte, wir hätten noch soviel Zeit. Als ich Dich zu mir geholt habe, habe ich Deiner Vorbesitzerin erklärt, daß ich das mit dem Wissen tue, daß Du mein letztes Pferd sein wirst. Und ich habe mir immer gerne vorgestellt, wie es in 20 Jahren sein würde, wenn Du trotz Deinem Winterrappen-Fell, das ja von Jahr zu Jahr immer mehr stichelhaarig wurde, ziemlich ergraut mit mir im Sattel am langen Zügel durch den Wald schlendern würdest, so voll tiefem Verständnis füreinander, weil wir vieles erlebt hätten. 

 

Nun wird es doch nochmals ein anderes Pferd in meinem Leben geben. Aber ich bin dankbar dafür, daß du einen Teil meines Lebens verschönert und geprägt hast. 

 

Ein paar Tage später haben wir eine kleine Holzschatulle mit einer Strähne Deines dicken Schweifs am Stall begraben, direkt neben Laika. Ich habe Dir einen Edelstein, einen Mookait, beigelegt, einen Stein für Deine Reise. Mach es gut, lieber Punkti. Ich vermisse Dich sehr. 

 

Deine Tanja

 

Ps.: Amor geht es gut. Er hat zwei Tage lang nach Dir gerufen. Ich habe ihm erzählt, daß Du nun mit Laika irgendwo über eine große Weide galoppierst und sie Dir mal zeigt, wie das so mit Stuten ist, die das Sagen haben. Ich glaube, er hat ein wenig gelächelt. ;-) 

Amor in seinem Paddock
Amor in seinem Paddock

03.02.2018

 

Tja, wie geht es nun weiter? Ich weiß es ehrlich gesagt noch gar nicht so genau. Amor ist bis zum 18.02.2018 auf dem Quellberghof eingestellt. Das war ja ohnehin bis dahin so geplant. Er wird dreimal in der Woche physiotherapeutisch behandelt und trainiert. Es geht vor allem darum, seine Aduktoren, also seine innenliegenden Oberschenkelmuskeln zu lösen. Er steht nun in einem großen Offenstall direkt neben der Wallachgruppe, hat nach wie vor Heu satt zur Verfügung, und es geht ihm offensichtlich gut. 

 

Eigentlich dachte ich, daß es deshalb eine ganz gute Idee sei, mit ihm heute an Petras Aufbaukurs "Schöner Longieren - Gymnastisches Longieren auf Kappzaum" teilzunehmen. Neben ein wenig Theorie haben Amor und ich zwei Einzeleinheiten bei Petra. Ich bin nicht wirklich auf der Höhe; mir geht noch viel zu vieles im Kopf herum. Handwechsel mit einem flüssigen Wechsel von Longe und Gerte von der einen in die andere Hand klappen nicht wirklich. Ich muß mich arg konzentrieren und ganz langsame Bewegungen ausführen, um das koordiniert zu bekommen. Mit Petras Hilfe gelingt es mir, Amor in einem wunderschönen fleißigen Schritt zu arbeiten, und auch im Trab bekommt man hin und wieder eine Ahnung davon, wie schön er schweben kann, wenn die Hinterhand locker nach vorne schwingt und er nicht kurz tritt. Ich longiere ihn immer mal wieder um Pylonen, über einen Fächer oder ein Dreieck aus Dualgassen. Auch am Galopp arbeiten wir in der zweiten Einheit. Vor allem das seitliche Übertreten scheint Amor in den letzten Monaten gefehlt zu haben; das hat schon einmal besser geklappt. Aber insgesamt gibt er sich total viel Mühe, will zwar nach Pony-Manier auch ein wenig Schummeln, ist aber selbst auch sehr zufrieden mit sich und bekommt einen wachen und ganz jungpferdemäßigen Blick. :-) 

 

Ich habe dagegen den ganzen Tag über mehrmals schwer zu schlucken. Es fällt mir sehr schwer, mich den anderen Teilnehmern anzuschließen, an der Konversation teilzunehmen und nicht ständig an Kurti zu denken. Immer wieder muß ich auch mal Tränen herunterschlucken. Eigentlich dachte ich, daß ich das die letzten beiden Wochen ganz gut hinbekommen habe. Aber sobald ich mich mehr mit dem Thema Pferd befasse, andere mit ihren Pferden umgehen sehe, sitzt dieses Gefühl, etwas enorm Wichtiges verloren zu haben, immer wieder wie ein dicker Kloß in Hals und Bauch. Als wir damals von Laika Abschied genommen haben, war das irgendwie anders. Zu ihr hatte ich aber auch nicht so ein enges Verhältnis wie zum Punkti; und mit seinem frühen Tod muß ich nun zumindest vorerst einige Erwartungen, Träume und Ziele in meinem Leben plötzlich aufgeben. 

 

Den ganzen Tag über schwankt meine Gefühlslage daher unheimlich: von "Ich will sofort wieder ein anderes Pferd" geht es über "Wir suchen einen Einsteller" zu "Wir geben den Stall komplett auf" oder "Ich will nie wieder ein Pferd". So bin ich froh, als Gerret mich recht früh nach meiner zweiten Einheit abholt. Ich knuddle das Mörchen nochmals ausgiebig (der in seinem aktuellen Futter- und Trainingszustand übrigens wirklich, wirklich gut dasteht) und verabschiede mich. 

 

Gut, von meiner Gefühlslage abgesehen: wir suchen nun zunächst einen Einsteller, am liebsten ein älteres Pferd bis max. 1,50 Stm. So hätten wir auch, wenn ich mir wieder ein zweites Pferd suche, mehr Entlastung am Stall. Mal sehen, ob sich jemand findet, der zu Amor und uns paßt. Mit einem neuen Pferd werde ich erst einmal noch ein paar Wochen zuwarten. Mir geht das ganz einfach noch zu nahe, so daß es mir aktuell nicht möglich erscheint, mit klarem Herz und Blick einen Platz in meinem Leben einzuräumen. 

Pauline
Pauline

04.02.2018

 

Nachdem die letzten Wochen ziemlich naß waren und die Temperatur nun nochmals deutlich gefallen ist, schneit es heute mehrmals. Den am Stall zurückgebliebenen Kätzchen gehts gut - sie benutzen, trotzdem ich die Stalltüren geschlossen habe (aber was hindert Katzen schon...?), die frische Einstreu auf den Gummimatten im Stall als Katzenklo und finden das vooooll gut. ;-) 

 

Anne ist bei Amor und macht Handarbeit mit ihm. 

Mein Mörchen mit knapp 24 Jahren ♥️
Mein Mörchen mit knapp 24 Jahren ♥️

06.02.2018

 

Während Amor, wie gestern, weiterhin dreimal die Woche von Petra oder Harry mit Physiotherapie und Longieren bespaßt wird, bin ich heute auch wieder auf dem Quellberghof. Während ich gerade Amors Futterstelle miste, läßt es plötzlich draußen auf dem Paddock einen lauten "Plumps". Der pieksaubere Herr Hafi ist einfach umgefallen und wälzt sich. Klaro... ;-) ;-) ;-) Ich putze ihn gemütlich und sattle ihn dann.

 

Wir haben die Reithalle komplett für uns alleine. Nachdem wir uns gemeinsam 10 Minuten warmgelaufen haben, fange ich mit Handarbeit an: Führen in Stellung, Übertreten lassen, Schenkelweichen entlang der Bande. Dann laufen wir nochmals 10 Minuten, weil ich wegen unserer Anzeige zum Offenstallplatz einen netten Anruf erhalte. 

 

Derart aufgewärmt steige ich in den Satte. Ich lasse Amor sich am langen Zügel weiter warmlaufen, achte anfangs nur auf eine korrekte Stellung und fühle mich in den Sattel ein. Ich muß daran denken, wieviel anders ich jetzt im Sattel sitzen kann, wieviel gelöster meine Beine herunterhängen. Wir zirkeln in vielen großen Wendungen durch die Halle, ich lasse Amor immer wieder mal Übertreten und das Viereck vergrößern und verkleinern. Dann folgen Schritt-Halt-Übergänge. Vor dem Antreten versuche ich, Amor Gewicht mit der Hinterhand aufnehmen zu lassen, indem ich eine Idee von Rückwärts von ihm möchte - ohne, daß er tatsächlich zurücktritt. Damit hat er doch deutlich Schwierigkeiten; er läßt die Parade nicht wirklich durch. Immer, wenn er jedoch eine Ahnung von Rückwärts durch den Körper erkennen läßt, lobe ich ihn und reite an. Antraben lasse ich ihn schließlich nach einer Schwenkvolte auf jeder Hand. So kommt die Hinterhand besser unter. Mir gefällt es sehr gut, wie Amor mitarbeitet, immer wieder schön nachgibt und sich stellt und biegt. Ich lasse mir immer wieder - auch im Schritt - die Zügel aus der Hand kauen, mal ganz, mal nur ansatzweise, weil ich weiß, daß Amor darauf immer sehr gut reagiert. Nach ein wenig Schulterherein lasse ich ihn dann auch auf jeder Hand einmal kurz angaloppieren und mache nach knapp 20 Minuten Schluß. Amor ist so von sich begeistert, daß er zufrieden vor sich hinbrummelt, als ich ihn überschwänglich lobe. ;-) 

07.02.2018

 

Mörchen wird von Harry physiotherapeutisch behandelt und lonigert, Anne geht mit ihm eine Runde spazieren. 

08.02.2018

 

Da mein Göttergatte heute aushäusig ist, fahre ich nach der Arbeit recht spät zu Amor. Der steht munter in seinem Paddock und kommt sofort angewatschelt, als ich ihn rufe. Ich putze ihn ein wenig über - er hat wohl beschlossen, daß es nun Zeit ist, das Winterfell abzuwerfen. Uff. 

 

Dann gehen wir für eine halbe Stunde in die Halle. Ich longiere ihn und mache zwischendrin immer ein wenig Handarbeit, indem ich ihn übertreten lasse. Mit der Stellung tut er sich heute rechte Hand etwas schwer und insgesamt bekomme ich ihn nicht so schön zum Schwingen, wie am Samstag mit Petras Hilfe. Dafür kann man schon richtig sehen, wie gut ihm das Training der letzten fünf Wochen getan hat. Insgesamt finde ich seine Oberlini besser geformt und das Vorwärts ist wieder wesentlich aktiver. 

Mörchen beim Spaziergang
Mörchen beim Spaziergang

10.02.2018

 

Während ich Amors Paddock am Vormittag miste, futtert er sehr genüsslich seine Kraftfutterportion. Danach gehts ans Enthaaren. *prust* Amor verliert derzeit hauptsächlich sehr, sehr langes, hartes Oberfell. Ich massiere ihn noch 10 Minuten mit der Faszienrolle. Da er ja etwas Probleme mit der Oberschenkelinnenseite hat, rolle ich diese auch leicht mit. Das genießt er rechts eher als links.  Dann gehen wir auf einen einstündigen Spaziergang. Amor läuft flott vorwärts - und möchte gerne überall Gras hapsen. Naja, irgendwann lasse ich ihn dann halt einmal stehen... ;-) 

 

Es geht ihm weiterhin sehr gut. Ein Nachtrauern nach Kurti kann ich nicht feststellen. Eine Einstellerin erzählt mir auch, daß einzelne Pferde der direkt nebenan stehende Wallachgruppe sehr oft ganz nah bei Amor stehen, sie sich beschnuffeln und in Ruhe pausieren.

 

Am Nachmittag werkeln Gerret und ich ein wenig am Stall herum. Zum einen putze ich unseren Gig. Ich habe mich entschlossen, diesen erst einmal zu verkaufen. Nachdem er geputzt, fotografiert und wieder frisch in zwei neue Planen wetterfest eingewickelt ist, dichten wir die letzte undichte Stelle am Heulager ab. Jetzt dürfte tatsächlich nichts mehr naß werden. Mir hat diese Arbeit, dieses Herumprobieren, schrauben und fummeln in den letzten Wochen wirklich gefehlt. 

11.02.2018

 

Am frühen Morgen komme ich nach Weingarten. Ich gehe mit Amor in die Halle, die wir wieder für uns alleine haben. Während ich das Hallengatter schließe und ihn eigentlich angewiesen habe, kurz stehen zu bleiben, läuft er zielgerichtet zum Podest, klettert mit den Vorderbeinen hinauf und schaut mich erwartungsvoll an: "Guck, wie toll ich bin!" ;-) Ich führe ihn 10 Minuten warm, dann folgen wieder 10 Minuten Handarbeit. Amor reagiert zwischenzeitlich besser auf die verlangte leichte Gewichtsverlagerung nach hinten. Er ist voll bei der Sache, hinten könnte er allerdings ein wenig besser, weiter seitlich übertreten. Nach dem Aufsteigen lasse ich ihn sich nochmals auf großen gebogenen Linien warmschritteln, bevor ich ein wenig Schenkelweichen abfrage. Nach einer ersten Trabeinheit baue ich Schlangenlinien durch die ganze Bahn in drei Bögen ein, auf deren Wechsellinie ich Amor jeweils anhalte, seitwärtstreten und daraus wieder antraben lasse. So kommt der Trab besser von hinten heraus. Schritt-Halt- oder Schritt-Trab-Übergänge klappen durch die leichte Gewichtsverlagerung nach hinten auch besser. :-) Insgesamt sind wir beide mit uns sehr zufrieden. ;-) Ich sattle ihn ab, damit er sich noch frei wälzen kann, was er ausgiebig tut. 

Spaziergang mit Amor
Spaziergang mit Amor

13.02.2018

 

Am frühen Nachmittag treffe ich mich mit Anne bei Amor. Der schaut uns schon erwartungsvoll in seinem Paddoc stehend entgegen. Das Wetter ist wunderherrlich: zwar frisch, aber klar und der Himmel hat ein wunderbares Blau. Wir putzen Amor und gehen anschließend eine starke Stunde mit ihm spazieren. Zwischendurch darf er Gras fressen und findet das alles durchaus erbaulich, wenn er so betüddelt wird. 

 

Mir gibt der Spaziergang Gelegenheit, nochmals mit jemanden, der unseren Stall und unsere Situation kennt, über meine pferdische Zukunft zu spekulieren. Ganz zweifelsohne kann ich mir ein Leben ohne Pferde und Reiten überhaupt nicht vorstellen. Gleichermaßen möchte ich auch die Stallarbeit nicht missen, denn obwohl ich in den letzten sechs Winterwochen durchaus oft sehr froh war, bei manch wirklich ekligem Wetter nicht in aller Herrgottsfrühe die Pferde versorgen zu müssen, fehlt es mir durchaus, dieses intensive Zusammensein mit meinen Pferden. Das ist in einem Pensionsstall wirklich völlig anders, weniger, flacher. Ebenso habe ich in den letzten Wochen zwar auch gemerkt, daß ich deshalb durchaus mehr Energie für andere Dinge habe, aber... welche? So ohne Reiten...? 

Amor und ich
Amor und ich

15.02.2018

 

Wir nutzen ein letztes Mal die Annehmlichkeiten, die eine Reithalle so bietet: es regnet. 

 

Ich führe Amor erst 10 Minuten in der komplett dusteren Halle, weil eine Sicherung rausgeflogen ist. Gerret, der Mann für alle Fälle, kann das zum Glück beheben. Amor ist ein bißchen mäkelig und schnappig. Nach weiteren 10 Minuten mit Handarbeit - das Übertretenlassen geht heute sehr gut und leicht - sitze ich auf. Wir starten auch hier wieder am langen Zügel im Schritt mit vielen großen gebogenen Linien. Dann frage ich etwas Schenkelweichen und Übertreten ab. Vor allem das Schenkelweichen klappt sehr leicht. Im Trab versucht er sich hin und wieder etwas auf die Hand zu legen, weshalb ich immer gleich nachtreibe und nachgebe, damit er dazu gar keine Gelegenheit bekommt. In den Hallenspiegeln kann ich sehen, daß er sich in den Wendungen auch immer schön biegt. Zum Schluß nehme ich auf jeder Hand noch ein paar Galoppsprünge dazu - aber gut, Galopp war ja noch nie unsere Stärke. ;-) 

 

Nach dem Absitzen darf er noch ein paar Schritte Spanischen Schritt zeigen, aufs Podest klettern und sich dann nach dem Absatteln ausgiebig wälzen. Er bekommt seine Decke auf und viel Lob und Möhrchen.

17./18.02.2018

 

Der von mir organisierte Reitlehrgang mit Desmond O'Brien findet wieder statt. Ich habe deutlich gemischte Gefühle. Einerseits freut es mich, Desmond wieder zu sehen und mit anderen über Pferde klönen zu können, andererseits muß ich mir auch öfter auf die Lippen beißen, denn natürlich ist das alles auch mit meinen Punkti verbunden. Es kommen immer wieder Erinnerungen hoch, wie ich ihn erstmals als junges, zweijähriges Pferd mit auf die Hardt-Ranch zum Kurs gebracht habe, damit sich, unterstützt von Amor, das Hängerfahren etabliert, er auch einmal einen fremden Stall und eine Reithalle kennenlernt. Das ist alles doch noch gar nicht so lange her. Und mir fällt die eine Einstellerin der Hardt-Ranch ein, die immer sagte, wie nett es ist, wenn Kurti mit von der Partie ist, weil sie seine Entwicklung so auch immer peu à peu verfolgen kann, wieviel er immer gewachsen ist.

Repetierer, Alex, Sabrina, Tanja, Desmond, Ulrike, Diana und Sternschnuppe :-)
Repetierer, Alex, Sabrina, Tanja, Desmond, Ulrike, Diana und Sternschnuppe :-)

Nachdem ich Desmond zum Bahnhof gebracht habe, fahre ich nach Hause und sammle den besten Ehemann von allen auf. Wir fahren nach Weingarten, um Amor nach Hause zu holen. Petra und Harry sind in der Abschlußbesprechung sehr zufrieden mit dem Senior. Er ist fit, und ich soll ihn ruhig reiten. Die Übungen zur Lockerung seines Halses soll ich beibehalten und auch die Hinterhand immer wieder durch leichtes mobiles Strechting oder Übertretenlassen lockern. Fein! :-) 

 

Aber es ist auch eine komische Stimmung - Amor kommt ohne Herrn Punkt nach Hause. Der Senior steigt ohne zu zögern hinter mit in den Hänger. Wieder im Stall angekommen inspiziert er diesen erst einmal und läuft den Trailweg hoch. Ich lege Heu bereit und fülle wieder unseren Wasserbottich. Ab morgen gehts dann wieder los mit dem Stalldienst. Mal schauen, ob ich ihn morgen früh um 05.30 Uhr immer noch vermisse... Amor gehts gut. Er mampft zufrieden sein Heu und läßt sich noch ein paar Möhren zustecken. Fine und Paula sind da. Nur einer fehlt. 

Mörchen: wellcome back! :-)
Mörchen: wellcome back! :-)

19.02.2018

 

Amor: wellcome back! :-) 

 

Morgens um 05.45 Uhr bin ich am Stall, hänge Amor seinen Eimer um und erledige schnell die Stallarbeit. So schnell, daß ich sogar schon fertig bin, während Amor noch nicht einmal den Eimer leergeschlabbert hat. Er lag in der Nacht im Spänebett und war auch auf dem Trailweg unterwegs. 

 

Am frühen Abend gehe ich dann eine Stunde lang mit ihm spazieren. An vielen Ecken im Wald kommen mir Erinnerungen an den Punkti in den Sinn: da habe ich mich von einem Baumstamm aus das erste Mal über seinen Rücken gelegt, da sind wir das erste Mal getrabt, dort das erste Mal galoppiert. Es tut noch ziemlich weh. 

 

Das Mörchen lasse ich während des Spaziergangs auch immer mal durchs Unterholz seinen Weg suchen und einen kleinen Hügel erklimmen. Und: er darf natürlich auch wieder Gras schnabbulieren - seeeehr wichtig für ihn. ;-) 

20.02.2018

 

Das Wetter ist weiterhin trocken, aber mit knapp über 0° recht frisch. Amor hat deshalb wohl beschlossen, den Fellwechsel erst einmal zu verschieben - allzu viel kommt heute nicht an Wolle herunter, als ich ihn putze. Anschließend gehen wir eine starke halbe Stunde spazieren, heute über einen Wiesenweg. Da steht Aufpassen und brav neben mir Herlaufen auf dem Übungsprogramm. Aber natürlich darf er dann zur Belohnung auch 10 Minuten Gras fressen. 

Übertretenlassen an der Hand
Übertretenlassen an der Hand

21.02.2018

 

Nach ein wenig Warmführen und Handarbeit mit Übertretenlassen steige ich auf und reite Amor ein wenig in großen gebogenen Linien über unsere alte Reitwiese - die alte steht leider noch ziemlich unter Wasser. Ich baue ein wenig Schenkelweichen und Schulterherein ein, dann bummeln wir begleitet von Gerret noch eine Viertelstunde rund um den Stall über Wiesenwege. Ich lasse Amor immer wieder abkauen. Einmal verlange ich Rückwärtsrichten und galoppiere hieraus an: wow, das klappt sofort! *freu* Ich hab ja ohnehin den besten aller Haflinger. ;-) 

 

Wieder am Stall gibts wie unterwegs schon viel, viel Lob und seinen Futtereimer. Ich habe das Gefühl, daß er auf dem Quellberghof mehr Heu gefressen hat, kann es aber nicht wirklich abschätzen. Jedenfalls futtert er hauptsächlich das freie Heu, von dem immer noch genug bei der nächsten Fütterung übrig ist, und verschmäht das Heunetz. 

22.02.2018

 

Mein Hafi-Schlaukopf: heute Morgen wie auch am Abend komme ich zum Stall, und Herr Hafi steht mit den Vorderbeinen auf dem Podest. ;-) 

 

Es wird buschig und kalt. Ab dem Wochenende sind dann auch nacht deutliche Minustemperaturen angesagt. 

23.02.2018

 

Anne übernimmt morgens die Stallarbeit, kümmert sich um das Mörchen und geht mit ihm eine Stunde spazieren. Wie bei mir klettert er selbständig aufs Podest. So ein Charmeur! Für einen Keks tut Hafi ja alles. ;-) 

24.02.2018

 

Nachdem ich Herrn Hafi schon sehr früh am Morgen versorgt habe, fahre ich nach Heimsheim ins Barockreitzentrum. Dort findet heute das Kompetenzseminar "Thermoregulation und Body Condition Score (BCS)" mit Dr. Margit Zeitler-Feicht und Dr. Miriam Baumgartner, veranstaltet vom VFD statt. Das meiste der vorgestellten Thematik kenne ich schon, lerne aber vor allem beim selbständigen Überprüfen des BCS noch einiges dazu. Als Fragen gestellt werden können, ergreife ich die Gelegenheit und frage nach, ob es in unserer Situation (älteres, wenn auch sehr fittes und gesundes Pferd, dessen Gebiß in Ordnung ist, welches seinen Grundumsatz über Heu ab lib im Winter aber manchmal nur schwer halten kann und bereits deutlich zugefüttert bekommt) sachdienlich wäre, die Energiebilanz über zeitweiliges Eindecken weiter zu verbessern. Das wird von Frau Zeitler-Feicht verneint, da Pferde innerhalb des in unseren Breitengraden vorhandenen allgemeinen Temperaturspektrums von -15 bis +25° normalerweise sehr gut zurecht kommen. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel und es kommt immer noch darauf an, wie sich die kalte Jahreszeit gerade präsentiert: Kälte allein ist unproblematisch. Kommt aber Wind und/oder Nässe hinzu, sollte man nötigenfalls regulierend eingreifen. Aktuell habe ich trotz der derzeitig nachts sehr frostigen Temperaturen unter 0° allerdings nicht das Gefühl, daß Amor eine Decke bräuchte. Die nächsten Tage werden es weiter zeigen: die Temperatur soll bis in den zweistelligen Minusbereich absacken. 

 

Interessanterweise hat meine Sitznachbarin hinsichtlich einer am Rande erwähnten Studie, innerhalb derer Pferden beigebracht wurde, durch selbst zu treffende Entscheidungen anzugeben, ob sie eine Decke tragen möchten oder nicht, genau dies ihrer Stute beigebracht und sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Wir tauschen die Handynummern, und ich werde sie einmal besuchen. ;-) 

 

Wieder zu Hause lege ich gleich Hand ans Mörchen und überprüfe seinen BCS anhand der drei Details, die uns heute ausführlich erklärt wurden: Mähnenkamm, Fühl-/Sichtbarkeit der Rippen und Polster an der Schweifrübe. Amors Mähnenkamm ist normal, ebenso die Fühlbarkeit der Rippen, die nicht sichtbar sind. Allenfalls an der Schweifrübe könnte er etwas mehr haben. Also dürfte sein BCS sich bei rund 5 und somit im optimalen Bereich befinden. 

 

Ansonsten gehts dem Senior weiterhin gut; er betreibt auch ausführlich Pferdewellness: 

25.02.2018

 

Amor geht mit Anne wieder spazieren. Es ist eisig kalt, durch den Wind fühlt sich alles noch schlimmer an. Gut, daß wir gestern noch die Frühbeetheizungen unter dem IBC-Container und dem Wasserbottich - erstmals diesen Winter - angeworfen haben. Aber es ist trocken und die Sonne scheint. :-) 

26.02.2018

 

05.45 Uhr am Stall: -8°. Brrrr. Aber: der Zinkwasserbottich hat nur eine ganz dünne Eisschicht, die eine Pferdenase jederzeit problemlos durchbrechen kann. Die Heizung funzt. Dafür sind die im Garten vorgefüllten Eimer komplett gefroren. 

 

 

Eigentlich will ich Amor am späten Nachmittag noch longieren, aber die Reitwiese neben dem Pferdeanhänger ist zu buckelig gefroren. So würde sich Amor nur Hufprellungen holen. Außerdem will er ohnehin lieber Gras hapsen und ist mehrmals äußerst empört, als ich das nicht zulassen möchte. So gehen wir noch eine gute halbe Stunden spazieren. 

27.02.2018

 

Jetzt wird es doch nochmals richtig buschig: heute morgen um 06.00 Uhr sind es schon -10° am Stall. Amor sieht um die Uhrzeit aus wie eine explodierte Plüschkugel - sein Fell stellt sich bei diesen Temperaturen richtig auf. ;-) Thermoregulation ist schon was Feines. 

 

Hier nun auch die Fotos und Erklärungen zu den drei Stellen am Pferd, an denen man gut den BCS, den Body Condition Score, beurteilen kann: 

Messung des Fettanteils vom Mähnenkamm bei abgesenktem Hals in der Mitte des Halses
Messung des Fettanteils vom Mähnenkamm bei abgesenktem Hals in der Mitte des Halses

Zunächst einmal kann man am Hals den Fettansatz am Mähnenkamm messen. Gemessen wird bei abgesenktem Hals des Pferdes, weil dann die Trennung zwischen Muskel und Fettansatz gut/besser erkenn- und beurteilbar wird. Und man prüft ca. in der Mitte des Halses. 

 

Der über dem Muskel hinausgehende Fettansatz soll zwischen 5,5 und 7 cm breit sein; 7 cm entspricht meistens vier Fingerbreit (ich habs nachgemessen, bei mir stimmt das ganz exakt). Den Mähnenansatz muß man ein wenig herunterdrücken. Hat man mehr als 7 cm/vier Fingerbreit, ist das Pferd zu dick. Sind es deutlich weniger bzw. <5,5 cm, ist das Pferd zu mager. 

 

Amor hat einen Fettansatz von genau 7 cm, eher ein wenig mehr und befindet sich damit innerhalb BCS 5-6 (5 ist optimal, 6 wäre noch in Ordnung). 

Erfühlen der Rippen
Erfühlen der Rippen

Als nächstes sucht man die 15-18. Rippen und schaut, wie gut diese sicht- und fühlbar sind. Am besten fängt man von hinten an zu zählen (das Pferd hat 18 Rippen).

 

Kann man sie sehen, ist das Pferd zu dünn. Sind sie sehr gut fühlbar, tendiert das Pferd auch schon zu einem mageren Zustand. Sind sie nicht sicht- aber leicht fühlbar, befindet sich das Pferd wieder in BCS 5. Muß man sich sehr anstrengen, um sie überhaupt zu fühlen, ist das Pferd zu dick. Dann kann man auch einen Wulst an Fett vor den Fingern herschieben. 

 

Amors Rippen sind nicht sicht- und nur leicht fühlbar. Das ist in Ordnung. 

Sieht man eine gerade Linie vom Schweifansatz in Richtung Sitzbeinhöcker?
Sieht man eine gerade Linie vom Schweifansatz in Richtung Sitzbeinhöcker?

Als letztes schaut man auf den Schweifansatz bzw. die Polster direkt daneben.

 

Zeigt sich eine gerade Linie vom Schweifansatz in Richtung Sitzbeinhöcker, ist das Pferd in gutem Futterzustand.

 

Ist die Linie nach oben gewölbt, ist das Pferd zu dick. Hier kann man meist auch leicht mit der Hand das Fettpolster zum Wabbeln bringen.

 

Ist die Linie nach innen ausgebeult, ist das Pferd zu mager. 

 

Amors Linie ist gerade, eher ganz leicht nach innen gewölbt, aber das ist noch in Ordnung. 

 

Insgesamt bin ich ziemlich erleichtert, daß sich Amor diesen Winter in einem so guten Futterzustand befindet. Im letzten Winter hatte er ja unheimlich abgebaut. Im Vorgriff auf die Winterzeit hatte ich aber auch schon bereits im August 2017, also vor dem gerade anstehenden Fellwechsel schon angefangen, Kraftfutter zuzufüttern und die Menge hierbei im Herbst und dann nochmals bei Anbruch der Schlecht-Wetter-Zeit im Winter jeweils deutlich erhöht. 

 

Aktuell bekommt Amor morgens und abends jeweils eine kleine Schippe Hafer, pelletierten Leinsamentrester, Maisflocken, Luzerne-/Mais-/Grascobs und sein Mineralfutter. Das war also gerade die richtige Mischung. :-) 

Spaziergang bei eisigem Wind *bibber*
Spaziergang bei eisigem Wind *bibber*

28.02.2018

 

Der Februar verabschiedet sich mit der wohl kältesten Nacht des Winters. Heute Morgen hat es um 6 Uhr -12° am Stall, mein Handy zeigt eine gefühlte Temperatur von -16° an. Man sollte solche Apps verbieten... *augenroll* ;-) Sogar Amors Tasthaare am Maul sind gefroren. Das Wasser im Wasserbottich hat dagegen auch heute wieder nur eine dünne Eisschicht, das Amor jederzeit eindrücken könnte. Ich bin wirklich froh, daß wir diese Lösung haben. Wenn ich da so an gaaaanz früher denke, als wir im Winter noch Wasserkanister geschleppt haben und deshalb dann auch noch das Auto von innen eingefroren war wegen des Kondenswassers... 

 

Am frühen Abend gehen wir mit dem Mörchen noch eine halbe Stunde spazieren. Es ist durch den starken Wind noch wesentlich eisiger als am frühen Morgen. 

 

Ab Morgen soll es ja wieder "wärmer" werden. ;-)